17-Jährige lässt Eltern töten
Freund führt die Tat aus
(24.01.2023) Ein unfassbarer Mordfall ist jetzt zu Ende verhandelt worden. Im Prozess um den Doppelmord im oberfränkischen Mistelbach sind die beiden Angeklagten schuldig gesprochen worden. Ein 19-Jähriger ist vor dem Landgericht Bayreuth zu einer Jugendstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten verurteilt. Er ist der Freund der ältesten Tochter des Arzt-Ehepaars, das in dem Dorf bei Bayreuth brutal erstochen worden war. Auch die Tochter selbst ist wegen Mordes verurteilt worden – zu neuneinhalb Jahren Jugendstrafe.
17-Jährige als treibende Kraft
Die Jugendkammer sah die 17-Jährige als treibende Kraft der Tat, obwohl ihr Freund zugestochen hatte und sie nicht am Tatort war. "Sie handelte aus Hass auf ihre Eltern", sagte die Vorsitzende Richterin Andrea Deyerling. Beide Eltern sollten aus dem Weg geräumt werden. "Sie ist die Initiatorin dieser Tat." Ohne sie wäre es nie zu den Morden gekommen.
"Eine Tragödie, eine Katastrophe"
Die Juristin umriss die Dimension der Tat: "eine Tragödie, eine Katastrophe." Das ermordete Ehepaar, ein 51 Jahre alter Kinderarzt und eine 47 Jahre alte Medizinerin, hinterlässt neben der nun verurteilten Tochter noch drei jüngere Kinder. Die Tat bleibe unfassbar, sagte Deyerling, und habe viel Leid über viele Menschen gebracht. "In diesem Saal sind noch nie so viele Tränen geflossen", blickte sie auf die 14 Verhandlungstage zurück, bei denen die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden war.
Details zur Tat
Die Kammer zeichnete in der Urteilsbegründung detailliert nach, wie es zum brutalen Mord kam: Demnach behauptete die Angeklagte immer wieder, die Eltern würden sie schlecht behandeln und schlagen. Sie und ihr Bruder hätten sogar Suizidgedanken.
Behauptungen des Mädchens widerlegt
Doch tatsächlich habe es anders ausgesehen, die Behauptungen des Mädchens seien widerlegt worden, sagte die Richterin: Die Eltern seien überfordert gewesen mit ihrer schulschwänzenden Teenager-Tochter, hätten sogar das Jugendamt um Hilfe gebeten. Es sei so weit gekommen, dass die Mutter einen Selbstverteidigungskurs machen wollte, weil sie Angst vor Auseinandersetzungen mit ihrer ältesten Tochter hatte. Die heute 17-Jährige habe gegenüber Freunden und Geschwistern immer wieder kundgetan, dass sie ihre Eltern tot sehen wollte.
Täter "rausgeflogen"
Der Angeklagte war wenige Wochen vor der Tat zu seiner Freundin gezogen, er war zu Hause rausgeflogen. Die Familie habe ihn freundlich aufgenommen, sogar auf dem Weihnachtsgruß der Familie sei er mit fotografiert gewesen, hieß es weiter. Dennoch glaubte er den Schilderungen seiner Partnerin, dass die Eltern sie schlagen würden. Die Jugendliche habe erkannt, dass er leicht manipulierbar sei, sagte Deyerling: "Er war bereit, alles für sie zu tun."
"Du siehst echt sexy aus"
Als ihr Freund in der Nacht auf 9. Jänner 2022 vor ihr stand – mit Sturmhaube, Stirnlampe und mit dem Messer in der Hand, soll die heute 17-Jährige gesagt haben: "Du siehst echt sexy aus."
Kaltblütiger Mord
Im Schlafzimmer der beiden Eltern stach er schließlich brutal zu – eine Vielzahl von Stichen, die sogar durch Knochen hindurchgingen, traf die beiden Opfer. Sie starben noch am Tatort. Derweil blieb das Mädchen in der oberen Etage. Als sein Bruder durch die Schreie der Mutter geweckt wurde, hielt es ihn davon ab, einzuschreiten oder Hilfe zu holen.
Flucht missglückt
Das junge Paar hatte beschlossen, nach der Tat zu fliehen. Zu Fuß ging es nach Bayreuth, weil sie das Familienauto nicht aus der Garage bekamen. Dort stellte sich der nun verurteilte Täter schließlich der Polizei. Seine Freundin hielt er lange heraus, gab an, aus einer Aggressionsstörung heraus gehandelt zu haben. Erst später räumte er ein, dass sie ihn angestiftet hatte.
Mädchen streitet alles ab
Das Mädchen jedoch stritt eine Beteiligung an der Tat laut Jugendkammer weiterhin ab. Ihr Verteidiger hatte in den Plädoyers einen Freispruch verlangt. Sie habe geschlafen und sei selbst erst durch die Schreie erwacht, hatte sie demnach erklärt. Das sei aber alles durch Zeugenaussagen des Bruders widerlegt, sagte die Richterin. Eineinhalb Stunden dauerte die Urteilsbegründung, die nun verurteilte Täterin blickte meist direkt nach vorne. "Die Eltern wurden getötet, die Geschwister wurden zu Vollwaisen", fasste Deyerling zusammen. Und blickte dem Mädchen ebenso fest in die Augen.
(fd/apa)