Erster Kriegsverbrecherprozess
Lebenslange Haft für 21-Jährigen
(23.05.2022) Im ersten ukrainischen Kriegsverbrecherprozess ist ein 21-jähriger russischer Soldat zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht in Kiew sah es am Montag nach einem Geständnis des Mannes als erwiesen an, dass der Panzersoldat nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 28. Februar einen 62-Jährigen Zivilisten erschoss. Nach dem weltweiten Entsetzen über russische Gräueltaten in der Ukraine war dies der erste vor Gericht verhandelte Fall.
Das Kiewer Gericht verurteilte den 21-Jährigen wegen Kriegsverbrechen und Mordes. Sein Anwalt kündigte Berufung an, noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. "Dies ist die härteste Strafe, und jeder vernünftige Mensch würde sie anfechten", sagte sein Anwalt Viktor Owsjannikow. Der "gesellschaftliche Druck" sei bei der Entscheidung des Gerichts spürbar gewesen.
Die Staatsanwaltschaft hatte lebenslange Haft beantragt. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch, weil der Soldat einen Befehl ausgeführt habe. Es ist der erste Fall eines Kriegsverbrechens, der in der Ukraine seit Beginn der russischen Invasion Ende Februar vor Gericht verhandelt wurde.
Unter großer internationaler Aufmerksamkeit hatte sich der aus Sibirien stammende Panzersoldat entschuldigt. "Ich bedauere es. Ich bereue es sehr. Ich habe mich nicht geweigert, und ich bin bereit, alle Maßnahmen zu akzeptieren, die verhängt werden", hatte er in seinem Schlusswort in der vergangenen Woche gesagt. Der Prozess hatte vergangene Woche begonnen.
Der junge russische Soldat wollte den ukrainischen Ermittlern zufolge nach einem Angriff auf seinen Konvoi im Nordosten der Ukraine mit vier Kameraden in einem gestohlenen Auto fliehen. Das von ihm getötete Opfer war demnach Zeuge des Autodiebstahls.
Für möglich gehalten wird, dass der Mann gegen ukrainische Gefangene in Russland ausgetauscht wird. Wie die Ukraine hat auch Russland viele Soldaten in Gefangenschaft genommen. Aus dem Kreml hieß es kurz vor der Urteilsverkündigung, Moskau suche nach Möglichkeiten, dem Beschuldigten zu helfen. "Natürlich besorgt uns das Schicksal unseres Mitbürgers", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
(mt/apa)