Kritik an Zinssenkungs-Signal

Euro-Währungshüter nicht happy

(07.06.2024) Die klare Signalsetzung der EZB in den vergangenen Wochen für eine erste Zinssenkung im Juni wird von manchen konservativen Währungshütern Insidern zufolge im Nachhinein als keine gute Idee angesehen. Einige Euro-Wächter, die üblicherweise einer straffen Geldpolitik zuneigen, hätten am Donnerstag ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht, dass eine bevorstehende Zinssenkung zu deutlich signalisiert worden sei, sagten vier Insider der Nachrichtenagentur Reuters.

Wäre dies nicht geschehen, hätten diese Notenbanker dafür votiert, an den Schlüsselsätzen nicht zu rütteln. Die Europäische Zentralbank (EZB) lehnte eine Stellungnahme zu den Informationen ab.

Die EZB beschloss auf ihrer Zinssitzung am Donnerstag, erstmals seit fast fünf Jahren wieder die Zinsen zu senken. Den am Finanzmarkt maßgeblichen Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken von Geld bei der Notenbank erhalten, verringerte sie auf 3,75 Prozent von bisher 4,00 Prozent. Letztmalig hatte die Euro-Notenbank zuvor im September 2019 die Zinsschraube gelockert. Die Entscheidung fiel mit sehr breiter Zustimmung - nur Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann war Insidern zufolge gegen diesen Schritt. Im Vorfeld der Zinssitzung war der Schritt nach unten von den EZB-Oberen ziemlich klar in Aussicht gestellt worden. EZB-Vizepräsident Luis de Guindos hatte in einem Interview sogar von einem "fait accompli" gesprochen.

Eine Reihe ungünstig ausgefallener Wirtschaftsdaten zur Lohnentwicklung und zur Entwicklung der Inflation ließ jedoch zuletzt einige Zweifel an der Prognose der EZB aufkommen, dass die Inflation bis Mitte 2025 wieder auf das Notenbankziel von zwei Prozent zusteuern und es bis dahin nur ein paar Aussetzer geben werde. Laut den Insidern, die mit den Diskussionen vertraut sind, merkte rund ein halbes Dutzend konservativer Euro-Wächter an, dass die jüngsten Wirtschaftsdaten womöglich nicht mit einer Zinssenkung vereinbar seien.

Einige wenige hatten den Insidern zufolge sogar gesagt, dass ihre endgültige Entscheidung ohne die deutliche Signalsetzung im Vorfeld möglicherweise anders ausgefallen wäre. Mit Ausnahme von Holzmann hätten jedoch alle darin übereingestimmt, dass ein Rückzieher ein Fehler wäre. Sie seien dafür eingetreten, dass die EZB zu ihrer Ankündigung stehen müsse, Entscheidungen auf Basis der hereinkommenden Informationen zu fällen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte sich auf der Pressekonferenz nach dem Zinsbeschluss nur sehr vorsichtig zum weiteren geldpolitischen Kurs in diesem Jahr geäußert. Dabei betonte sie, dass sich die Notenbank nicht auf einen bestimmten Zinspfad festlege.

(apa/mc)

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