Olympia: Seine bleibt Risiko
Sorge um Keimbelastung
(22.07.2024) Das Bad der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo in der Seine hat kürzlich für Schlagzeilen gesorgt - sogar CNN meldete den Gang ins Wasser. Damit wollte die Politikerin zeigen, dass der Fluss olympiareif sei. In der Vergangenheit wurde die Seine wegen hoher Werte an Fäkal-Bakterien wie E. coli auch schon als die "Toilette von Paris" bezeichnet. Und dort sollen im Laufe der Sommerspiele (26. Juli bis 11. August) die Bewerbe im Freiwasserschwimmen und Triathlon stattfinden.
Laut Medienberichten sollen rund 1,4 Milliarden Euro investiert worden sein, damit die Verschmutzungswerte den Normen entsprechen. Unter anderem wurde mit dem Geld ein Speicherbecken gegen Hochwasser gebaut - ein solches wurde in Wien übrigens schon um 1900 herum errichtet. Die Hochwasserschutzanlage in Penzing schützt die Stadt davor: Laut dem Online-Portal der Stadt Wien sind dafür unter anderem sieben Rückhaltebecken verantwortlich. Und die Donau gilt zumindest in Deutschland und Österreich als ein sehr sauberes Gewässer. Weiter südöstlich - etwa bei Belgrad - verändert sich die Lage dann zum Negativen.
Vor einem Jahr wurden sogar ungefährliche Süßwasserquallen im Kuchelauer Hafen bei Wien-Döbling gesichtet. Laut Magistratsabteilung 45 (Wiener Gewässer) ein Zeichen von gutem, weil sehr sauberem Wasser.
In Paris wohl noch eine Utopie, aber durch die Maßnahmen sollte auch in der Seine bei den Werten von E. coli und den Fäkalkeimen (Enterokokken) den Normen entsprochen werden - zumindest meistens, wie die Messung im Start und Zielbereich für die Freiwasserbewerbe, der Pont Alexandre III., ergeben haben. "Über 80 Prozent der Analysen entsprachen den Grenzwerten der EU-Richtlinie, und an sechs von sieben Tagen entsprachen die Analysen an dem Ort, an dem die Olympischen und Paralympischen Spiele stattfinden werden, den Grenzwerten", hieß es in einem aktuellen Bericht der Präfektur der Region.
Im Gegenzug heißt das, dass an einem von sieben Tagen die Grenzwerte nicht eingehalten wurden. Das Problem an diesen beiden Keimen ist laut Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), dass sie als "Indikatorkeime" gelten, "d. h. als Anzeichen für eine fäkale Verunreinigung, über die grundsätzlich auch echte Krankheitserreger verbreitet werden könnten".
Es ist nicht das einzige Problem, dem sich Österreichs Schwimmer Jan Hercog und Felix Auböck samt ihrer Konkurrenz auf zehn Kilometern stellen werden müssen. Auch eine hohe Fließgeschwindigkeit im Fall von Niederschlägen vor den Bewerben - sie sind am 8. August (Frauen) bzw. 9. August (Männer) geplant - könnte Komplikationen mit sich bringen. Zur Deutschen Welle sagte etwa Florian Wellbrock, Olympiasieger 2021 in Tokio, dass es bei den aktuellen Bedingungen der Seine unmöglich sei, einen Wettkampf auszutragen.
Eigentlich ist das Schwimmen in dem Fluss seit 1923 ohnehin verboten. Grund war nicht nur die Verschmutzung, sondern auch die Gefahren durch die Schifffahrt gewesen. 2025 soll die Seine aber wieder für alle potenziell zugänglich werden. Drei Freibäder sind geplant, nachdem hohe Summen investiert worden waren, das Gewässer in den gegenwärtigen Zustand zu bringen. Vor allem das Einleiten von Abwasser und Regenwasser aus Paris bei Hochwassergefahr durch Starkregen hat dazu geführt, dass dies zuvor nicht möglich war.
Falls in Wien Hochwassergefahr durch die Abflüsse droht, weil Regenwasser die Kanäle überlastet, muss in der Bundeshauptstadt der Wien-Fluss dran glauben. Auch liegt die Verschmutzung der Donau - sowohl Neue und Alte Donau - weiter unter jener der Seine. Und durch die Abtrennung der Neuen Donau vom Hauptgewässer gibt es dort auch keine Gefahr durch Boote und Schiffe.
Jedoch gibt es für das eigentlich stehende Gewässer der Neuen Donau Grenzen, nämlich dann, wenn die Donau Hochwasser führt. Da wird ab einem gewissen Pegelstand die Neue Donau wieder zum Fließgewässer. Wegen der so entstehenden Verschmutzung wie auch der Strömung können dort temporäre Badeverbote ausgesprochen werden, wie zuletzt vom 3. bis zum 14. Juni.
Doch zurück zu den Olympischen Spielen, wo es Kritik daran gibt, dass es zumindest für Triathlon (30. und 31. Juli sowie 5. August) kein Alternativort für die Schwimmdisziplin vorgesehen ist. Maximal ein Ausweichtermin ist geplant, sollten die Seine-Werte vor dem Bewerb wieder im roten Bereich liegen. "Sollte der Wettbewerb trotz der Verschiebungen nicht stattfinden können, wird das Marathonschwimmen im Naturschutzgebiet von Vaires-sur-Marne ausgetragen, wo auch die Ruder- und Kanuwettbewerbe stattfinden, und der Triathlon wird in einen Duathlon umgewandelt", hieß es vonseiten der Organisatoren zu Reuters. 1,5 Kilometer sind für die Triathleten im Einzelbewerb auf der Seine zu absolvieren, Österreich ist mit Julia Hauser, Lisa Perterer, Tjebbe Kaindl und Alois Knabl vertreten.
(apa/mc)