Schulessen muss besser werden
Ungesund, fett und zuckerhaltig
(26.08.2024) Maßnahmen von der Politik verschlafen? Aktuelle Studien haben Mängel bei der Versorgung mit warmen Mittagessen sowie ungesunde Ernährungsgewohnheiten in österreichischen Kindergärten und Schulen aufgezeigt. Dem gegenüber ergab eine Befragung der Parlamentsparteien eine Diskrepanz zwischen betonter Bedeutung von Schulessen und der Bereitschaft, dementsprechende Maßnahmen zu setzen. Das kritisierte eine Initiative aus den Organisationen Zukunft Essen, der Volkshilfe, SIPCAN und Netzwerk Kinderrechte.
An 32 Prozent der österreichischen Schulen gibt es keine Möglichkeit, mittags eine warme Mahlzeit zu erhalten - das betrifft 150.000 Kinder, also jedes vierte Schulkind, hieß es bei einem Medientermin am Montag. Selbst wenn ein Mittagstisch angeboten werde, bliebe die Qualität der Mahlzeiten an zwei Dritteln der Schulen unkontrolliert. Diese Erkenntnisse stammen aus einer repräsentativen Studie des Forschungsinstituts SIPCAN, das die Verpflegungssituation an den Sekundarstufen I und II untersuchte. Laut dem Ernährungswissenschafter und Bundeskoordinator des Instituts, Manuel Schätzer, sei in Österreich "jedes zweite Schulkind übergewichtig und in jeder Klasse gibt es zwei adipöse Kinder."
Für viele oft die einzige warme Mahlzeit
Insbesondere für Kinder aus armutsgefährdeten Familien - jedes fünfte Kind ist in Österreich betroffen - ist Schulessen essenziell für eine nährstoffreiche und regelmäßige Ernährung. Durch die Teuerung kämpfen armutsgefährdete Familien zunehmend damit, ihre Kinder gesund zu ernähren. Das hat Folgen: Armutsbetroffene Kinder sind häufiger krank und auch "die Konzentrationsfähigkeit und damit der schulische Erfolg leiden unter nicht adäquater Ernährung", betonte Erich Fenninger von der Volkshilfe.
Kindergrundsicherung
Die Organisation fordert im Rahmen einer Kindergrundsicherung kostenloses Mittagessen an Schulen. Eine schwedische Langzeitstudie stütze die Wichtigkeit dieser Forderung, da sie sowohl kurzfristige als auch langfristige Vorteile für Gesundheit, Entwicklung, schulische Leistungen und späteres Einkommen durch kostenlose und gesunde Schulverpflegung belege.
Verein Zukunft Essen
In Österreich gebe es derzeit aufgrund fehlender Maßnahmen der Regierung keine flächendeckenden kostenlosen Mahlzeiten an Schulen und Kindergärten, kritisierte der Verein Zukunft Essen. Daher wurde eine Befragung der Parlamentsparteien zum Stellenwert von Schulessen durchgeführt, an der die ÖVP jedoch nicht teilnahm. SPÖ, Grüne und NEOS stimmten beispielsweise "voll und ganz" zu, dass der flächendeckende Ausbau von Schul- und Kindergartenverpflegung hochrelevant ist, während die FPÖ dem "eher" zustimmte. Zudem wiesen FPÖ und NEOS darauf hin, dass die Hauptverantwortung für gesunde Essgewohnheiten bei den Eltern oder Erziehungsberechtigten liege und lehnten gesetzlich verpflichtende Qualitätskriterien für das Essen in Schulen und Kindergärten ab. Im Gegensatz dazu unterstützten SPÖ und Grüne auch die Forderung nach verstärktem politischen Handeln.
Auf lange Bank geschoben
Natalie Lehner, Projektleiterin und Geschäftsführerin des Vereins, bemängelte bei der Präsentation der Ergebnisse ein "altbekanntes Muster", dass das Thema zwar von den Parteien meist als hochrelevant bewertet, bei der Umsetzung jedoch entweder "auf die lange Bank geschoben oder auf andere Zuständigkeiten verwiesen" werde. Auch einheitliche gesetzliche Vorgaben für Schulmahlzeiten fehlen in Österreich bisher, es existieren lediglich nationale Empfehlungen. Dies könnte sich jedoch bald ändern: Im Rahmen des Aktionsplans "Kinderchancen" wurden im Dezember 2023 der Europäischen Kommission zwei Ziele bis 2030 vorgestellt. Diese sehen die flächendeckende Einführung einheitlicher, hoher Qualitätsstandards für Schulverpflegung sowie die Entwicklung einer Strategie zur Bereitstellung mindestens einer kostenlosen, nachhaltigen und gesundheitsfördernden Mahlzeit für Schülerinnen und Schüler vor.
(fd/apa)