Stronach vor Gericht
Viele Missbrauchsvorwürfe
(08.07.2024) Was er getan hat und ob, wird jetzt hoffentlich ans Licht kommen! Der austrokanadische Milliardär und Ex-Politiker Frank Stronach steht heute erstmals wegen Missbrauchsvorwürfen von zehn Frauen vor einem Gericht in Kanada. Dem 91-Jährigen werden laut Gerichtsdokumenten mehrere Straftaten zur Last gelegt, darunter versuchte Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und Freiheitsberaubung. Stronach weist alle Vorwürfe zurück. Zu einem Prozess vor einer Jury dürfte es frühestens in einem Jahr kommen.
Beim heutigen Gerichtstermin muss Stronach noch nicht auf die Vorwürfe reagieren, zitierte das Ö1-"Morgenjournal" Thomas Daigle, Reporter beim staatlich kanadischen TV-Sender CBC. Die Staatsanwaltschaft lege der Verteidigung nun erstmalig unter Ausschluss der Öffentlichkeit Beweise vor. Den Gerichtsdokumenten zufolge reichen die Anschuldigungen der versuchten Vergewaltigung bis ins Jahr 1977 zurück. Weitere Frauen werfen dem Milliardär Vergewaltigung und sexuelle Übergriffe in den 1980er, 1990er- und frühen 2000er-Jahren vor. Einige Vorfälle ereigneten sich demnach in Toronto, weitere auch in der kanadischen Stadt Aurora, wo Stronachs ehemalige Firma Magna International ihren Hauptsitz hat. Auch im Frühjahr 2023 soll der Milliardär sexuelle Übergriffe gegenüber Frauen verübt haben.
Ein Teil der Vorwürfe soll bereits vor fast zehn Jahren an die Behörden herangetragen worden sein, berichtete der "Toronto Star". Eine der Frauen, die Vorwürfe erheben, habe sich bereits damals an die Polizei gewandt und den Ermittlern erzählt, der Milliardär habe sie sexuell missbraucht, als sie im Alter von 20 Jahren für ihn gearbeitet habe. Nachdem sie auf einer Polizeistation einen umfassenden Bericht über eine "schreckliche Nacht im Juli 1980" abgegeben hatte, habe sie nie wieder etwas von der Polizei in Toronto gehört.
Die New Yorker Autorin Jane Boon berichtete im ORF-Radio von einem "bizarren Erlebnis" mit Stronach. Die damals 19-jährige Studentin hatte den Milliardär in den 1980er-Jahren kennengelernt, weil ihre Universität mit Magna kooperierte. Der damals 54-Jährige habe sie mehrmals eingeladen, bei einem Managertreffen sei ihr Weinglas immer voll gewesen und Stronach habe darauf beharrt, dass sie ihr Auto stehen lässt und in seinem Gästehaus übernachtet. An jenem Abend sei es schließlich auch zu sexuellen Handlungen zwischen der Studentin und dem Ex-Magna-CEO gekommen. "Seine Sorge um meine Fahrtüchtigkeit erstreckte sich nicht auf das Schlafzimmer", schrieb Boon Ende Juni in der kanadischen Zeitung "The Globe and Mail".
Es sei eine beunruhigende und unangenehme Erfahrung gewesen, "es war keine Vergewaltigung, aber es war Machtmissbrauch, es war ausbeuterisch und es war falsch". Auch deshalb habe Boon danach die Autoindustrie verlassen. Nachdem Boon von ihren Erfahrungen in der kanadischen Zeitung berichtet hatte, hätten sich weitere Frauen, die bei Magna gearbeitet haben, gemeldet. "Das Gästehaus war offenbar legendär. Es gab eine Art Flüsternetzwerk", berichtete Boon im ORF-Radio. "Erfahrene Sekretärinnen nahmen neue Mitarbeiterinnen zur Seite und sagten ihnen, 'gehe nicht in die Nähe dieses Gästehauses'." Stronach, gebürtiger Steirer, hat in Nordamerika den Magna-Konzern aufgebaut, der vor allem in der Auto-Industrie reüssierte. In Österreich wurde der heute 91-Jährige durch sein Sport-Investment im Fußball und Pferdesport sowie als Gründer der kurzzeitig auch im Nationalrat vertretenen Partei Team Stronach einer breiten Öffentlichkeit bekannt.
(fd/apa)