Terrorprozess in Wien

Hohe Haftstrafen

(02.02.2023) Zweimal lebenslang, einmal 20 und einmal 19 Jahre Haft. Im Prozess gegen sechs mutmaßliche Unterstützer des Attentäters von Wien, der beim Terror-Anschlag in Wien vom 2. November 2020 vier Passanten getötet hatte, ehe er von der Polizei erschossen wurde, sind in der Nacht auf Donnerstag am Wiener Landesgericht drastische Freiheitsstrafen verhängt worden, darunter zweimal lebenslange Haft. Vier Angeklagte wurden im Kern der wider sie erhobenen Vorwürfe anklage konform schuldig erkannt.

Die Urteile

Das Schwurgericht verhängte über die vier Angeklagten, die laut erstinstanzlicher Entscheidung den Attentäter unterstützt hatten, wegen terroristischer Straftaten in Verbindung mit Beteiligung am Mord zweimal die Höchststrafe, ein Mal 20 und ein Mal 19 Jahre Haft. Zwei Angeklagte wurden zwar vom Vorwurf der Beteiligung am Mord freigesprochen. Sie fassten jedoch wegen Mitgliedschaft in der radikal-islamistischen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) und Verbreitung von IS-Propagandamaterial jeweils zwei Jahre Haft, davon acht Monate unbedingt aus. Sämtliche Urteile sind nicht rechtskräftig.

Anklagepunkte

Die acht Geschworenen folgten beim Dritt-, Viert-, Fünft- und Sechstangeklagten im Kern der Anklage der Staatsanwältin, wobei die Männer mit Ausnahme des Fünftangeklagten dem IS zugerechnet und auch wegen Verbreitens von entsprechendem Propagandamaterial schuldig erkannt wurden. Was die zentralen Vorwürfe betrifft, wurde der Drittangeklagte für schuldig befunden, den Attentäter von Mai 2020 bis zum Tag des Anschlags im Wissen um dessen Absichten unterstützt, das Anschlagsziel mitausgesucht und Fluchtvorbereitungen getroffen zu haben, indem er gefälschte Papiere besorgte. Er bekam dafür 20 Jahre Haft.

Beim Viertangeklagten wurde angenommen, dass dieser den Attentäter ab Juli 2020 bis zum Tag des Anschlags zur Tatausführung bestärkt sowie die Tatwaffen samt Munition und weitere Utensilien in der Wohnung des Attentäters vorbereitet hatte. Für ihn setzte es eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Beim Fünftangeklagten gelangten die Geschworenen mit 5:3 Stimmen zur Ansicht, dass dieser dem Attentäter im Juni und im September 2020 die beim Anschlag verwendeten Schusswaffen - ein Sturmgewehr und eine Pistole - und die passende Munition vermittelt und übergeben hatte. Für die Laienrichter war damit - wenn auch nicht im Rahmen einer terroristischen Vereinigung - der Tatbestand der Beteiligung am Mord erfüllt. Er wurde ebenfalls zu lebenslanger Haft verurteilt.

Ähnlich sahen es die Geschworenen beim Sechstangeklagten, bei dem dem Wahrspruch zufolge davon ausgegangen wurde, dass er die Abwicklung des Waffen- und Munitionskaufs mitorganisiert und dem Attentäter den Kontakt zum Fünftangeklagten vermittelt hatte, indem er ihm dessen Telefonnummer übergab. Beim Sechstangeklagten wurde angenommen, dass dieser an einer terroristischen Vereinigung beteiligt war. Er kassierte dafür 19 Jahre Haft - da er noch als junger Erwachsener zu betrachten war, war bei ihm eine lebenslange Freiheitsstrafe ausgeschlossen.

Mehrere Straftaten

Erschwerend auf das Strafausmaß wirkten sich beim Dritt-, Viert-, und Sechstangeklagten die "verwerflichen Beweggründe des IS" aus, begründete der Richter die Entscheidung. Bei allen dreien - wie auch beim Fünftangeklagten - erschwerend waren auch das Zusammenkommen mehrerer Verbrechen und Vergehen. Im Falle des Sechstangeklagten waren auch seine beiden einschlägigen Vorstrafen für die Höhe der Strafe verantwortlich. Mildernd wirkte sich bei allen ein teilweises Geständnis zu Chats mit propagandistischen Inhalten aus.

Beweislage

Beim Erstangeklagten fehlte den Geschworenen der Beweis, dass dieser - wie von der Anklage inkriminiert - den Attentäter psychisch und bei der Planung und Vorbereitung des Anschlags unterstützt und am 21. Juli 2020 im Wissen, um dessen mörderische Pläne in die Slowakei chauffiert hatte, wo dieser Munition für das beim Attentat verwendete AK-47-Sturmgewehr kaufen wollte. Wegen Mitgliedschaft beim IS und Verbreitung von Propagandamaterial erhielt er 24 Monate, davon acht Monate unbedingt.

Beim Zweitangeklagten wurde entgegen der Anklage nicht angenommen, dass dieser dem Attentäter am Tag des Anschlags bei Tatvorbereitungen und bei der Auswahl des Anschlagsziels behilflich war und ihn im Entschluss zur Tatbegehung bestärkt hatte. Als IS-Propagandist fasste er ebenfalls 24 Monate aus, wovon wiederum acht Monate unbedingt ausgesprochen wurden. Der Mann, der kurz nach dem Anschlag festgenommen worden und seit über zwei Jahren in U-Haft gesessen war, wurde nach der Verhandlung enthaftet. Der Erstangeklagte hatte sich schon länger auf freiem Fuß befunden.

Auch bei den beiden Angeklagten, die von den zentralen Punkten der Anklage freigesprochen wurden, wirkte sich das Zusammenkommen mehrerer Vergehen erschwerend aus. Mildernd war hingegen deren "ordentlicher Lebenswechsel" sowie ein teilweises Geständnis und der Umstand, dass beim Erstangeklagten die Vergehen weit in der Vergangenheit - nämlich im Jahr 2015 - lagen. Beim Zweitangeklagten war überdies das im Tatzeitpunkt noch nicht vollendete 21. Lebensjahr strafmildernd.

Nichtigkeitsbeschwerden und Strafberufungen

Die Verteidiger des Viert-, Fünft-, und Sechstangeklagten kündigten nach der Urteilsverkündigung an, Nichtigkeitsbeschwerden und Strafberufungen einzubringen. Der Drittangeklagte nahm von seinem Recht auf eine dreitägige Bedenkzeit Gebrauch. Erst- und Zweitangeklagter verzichteten auf Rechtsmittel. Die Staatsanwältin gab zu sämtlichen Urteilen vorerst keine Erklärung ab.

Opfer-Anwalt ist zufrieden

Zufrieden mit dem Verfahrensausgang zeigte sich in einer ersten Reaktion der Wiener Rechtsanwalt Mathias Burger, der die Angehörigen eines beim Anschlag erschossenen 21-Jährigen vertritt. Burger wohnte der Verhandlung bis zum Schluss im Namen der Hinterbliebenen als Privatbeteiligten-Vertreter bei. "Die Geschworenen haben ihre Aufgabe sehr gut bewältigt", bemerkte der Opfer-Anwalt im Gespräch mit der APA. Die Eltern hätten auf die Urteile "mit großer Erleichterung" reagiert. Mit den getroffenen richterlichen Entscheidungen hätten sie "die Gewissheit" vermittelt bekommen, dass die Justiz "einen gewissen Ausgleich" zu dem ihnen zugefügten Leid schafft.

(apa/fd)

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