Urlaub verjährt nicht
OGH-Urteil gut für Arbeitnehmer
(05.10.2023) Urlaubsansprüche verjähren nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs nicht wie bisher angenommen automatisch nach drei Jahren. Das gilt, wenn Arbeitgeber ihre Beschäftigen nicht rechtzeitig auffordern, ihren Urlaub zu nehmen und auf die drohende Verjährung hinweisen, entschied der OGH diesen Sommer. Das Urteil stärkt die Position von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die über offene Urlaubsansprüche streiten, die teilweise Jahre zurückliegen.
Mit diesem Urteil orientiert sich der OGH an der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach Arbeitgeber von sich aus aktiv werden müssen und nicht zuschauen dürfen, wie Urlaubsansprüche verfallen. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, bleibt der Anspruch auf bezahlte Freizeit bestehen.
Der erfolgreiche Kläger war seit 2003 als Wildhüter und später auch als Gutsverwalter angestellt und an sieben Tagen in der Woche tätig, heißt es im Entscheidungstext. Während seiner Beschäftigung habe er von 444 Urlaubstagen nur 121 in Anspruch genommen. Er begründete das mit dem Einsatz unqualifizierter Aushilfskräfte bei seiner Abwesenheit. Als er Ende 2020 gekündigt wurde, bekam er rund 9.100 Euro für die Urlaubstage, die er in den letzten drei Jahren nicht genommen hatte. Nach Ansicht des Arbeitgebers waren die übrigen Ansprüche bereits verjährt. Der OGH sah das anders und bestätigte damit die Ansicht des Berufungsgerichts, dass dem Kläger unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtssprechung Ersatz für weitere 180 offene Urlaubstage zugestanden hatte - knapp 24.300 Euro.
In der Vergangenheit ging der Oberste Gerichtshof noch davon aus, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst darauf achten müssen, dass ihr Urlaubsanspruch nicht verjährt, schreiben Rechtsanwältin Florina Thenmayer und Rechtsanwaltsanwärterin Julia Huber von der Kanzlei Dorda in einem aktuellen Blogbeitrag. Laut österreichischem Urlaubsgesetz verjährt der Urlaubsanspruch nämlich nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist. Diese Regelung wird nun in der Praxis durch das Urteil des OGH eingeschränkt - für die wirksame Verjährung muss der Arbeitgeber seinen Aufforderungs- und Hinweispflichten nachkommen.
Die Beweislast für die Aufklärung liegt beim Arbeitgeber. Kann er nicht nachweisen, dass er seine Arbeitnehmer rechtzeitig und aktiv aufgefordert hat, den Urlaub zu verbrauchen und den Arbeitnehmer auch auf die drohende Verjährung hingewiesen hat, kann der Urlaubsanspruch nicht verjähren. Damit können ehemalige Beschäftigte auch nach Kündigung Ansprüche auf Urlaubsersatzleistungen, die weit in die Vergangenheit zurückreichen, einklagen.
(apa/mc)