Versteckte Impfpflicht?
Ende von Gratis-tests?
(04.08.2021) Kaum ein anderes Land testet so viel auf Corona wie Österreich. Im ganzen Land gibt es zahlreiche Angebote und das kostenlos. Diese Praxis könnte sich im Herbst ändern, immer mehr Akteure denken über ein Ende des Gratis-Testsangebots nach - nicht zuletzt als Druckmittel für die Impfung. Einen entsprechenden Vorstoß äußerte zuletzt Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Dem schloss sich heute der Sozialversicherungs-Dachverband und die NÖ Ärztekammer an.
Druckmittel für die Impfung
Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) stellt dauerhafte gratis Tests in Frage. Es sei durchaus legitim, eine Debatte darüber zu führen, ob die Corona-Tests im Herbst weiterhin gratis zur Verfügung gestellt werden sollen. "Auf Dauer wird es sich nämlich nicht ausgehen, dass immer alles gratis ist", erklärte Platter gegenüber der APA. Das Impfen hingegen stelle einen essenziellen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie dar und sollte daher kostenfrei bleiben.
kostenloses Testen als Bärendienst
Der Obmann der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) und Co-Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger, Peter Lehner (ÖVP), sprach sich heute gegen eine gesetzliche Impfpflicht aus. Man müsse sich aber überlegen, "ob uns das kostenlose Testen nicht einen Bärendienst erweist", sagte er am Rande einer Pressekonferenz in Wien und empfahl daher "eher von 3-G auf 2-G zurückzugehen". "Aus meiner Sicht war Testen ein wichtiger Schritt zur richtigen Zeit", betonte Lehner.
Er sei von seinem "politischen Verständnis und der österreichischen Kultur her gegen jede Pflicht einer Impfung". Aber: "Wir sehen, dass es uns aktuell nicht gelingt, die erforderlichen Impfzahlen zu erreichen. Wir wissen, dass wir mindestens 70 Prozent brauchen", erläuterte der SVS-Obmann. Die Bevölkerung solle nicht nur Eigenverantwortung, sondern auch Verantwortung für Land, Gesellschaft und Wirtschaft wahrnehmen. "Wir können nur gemeinsam diese Pandemie bekämpfen", rief Lehner zur Impfung auf.
Ärztekammer versteht Impf-Skeptiker nicht
Die Allgemeinheit müsse seit Monaten "für Impfverweigerer bezahlen, obwohl genügend Impfstoff vorhanden ist", lautet die Argumentation der NÖ Ärztekammer. Die Politik sei aufgefordert, in dieser Sache aktiv zu werden. Er habe die kostenlosen Tests immer positiv beurteilt, betonte der Präsident der NÖ Ärztekammer, Christoph Reisner. Doch jetzt komme ein neuer Aspekt hinzu, der eine differenziertere Beurteilung erfordere: "Solange es keinen oder zu wenig Impfstoff gab, waren diese Tests wichtig und notwendig, um die Ausbreitung von Covid-19 möglichst gering zu halten. Nun gibt es jedoch in Österreich für jeden eine Impfung, die weltweit zugelassen ist und eine sehr hohe Wirksamkeit besitzt. Es ist sogar möglich, sich den Impfstoff selbst auszusuchen."
Aus der Sicht Reisners ist daher "völlig unverständlich, dass die Allgemeinheit weiterhin die Kosten für die teuren Tests bezahlen muss, nur weil sich einige Menschen aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht impfen lassen wollen." Verwiesen wurde in diesem Zusammenhang auf Bestrebungen in Deutschland, "wo man aus Regierungskreisen hört, dass Tests künftig kostenpflichtig und nicht mehr aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden sollen", so Vizepräsident Dietmar Baumgartner. "Wir wollen, dass Österreich einen ähnlichen Weg geht." Die durchschnittlichen Kosten einer Impfung seien zudem deutlich geringer als die eines Tests, hieß es aus der NÖ Ärztekammer.
(fd/apa)