3-Fach Mörder entlassen

Bedingt entlassen

(23.06.2023)

Es war eines der Aufsehen erregendsten Gewaltverbrechen der 1980-er-Jahre in Wien: Im Februar 1983 erschoss ein damals 18-Jähriger auf einer Baustelle unweit der Reichsbrücke seinen Cousin und trennte dem Toten den Kopf ab, um seine Identifizierung zu erschweren. Wenige Tage später erschoss der Maturant mit derselben Waffe seine 18-jährige Ex-Freundin und deren 43 Jahre alte Mutter in der Wohnung der Familie. Seit Herbst 2022 befindet sich der Dreifachmörder auf freiem Fuß.

Wie Recherchen der APA ergaben, wurde der mittlerweile 58-Jährige am 10. Oktober 2022 bedingt aus dem Maßnahmenvollzug entlassen. Den entsprechenden Beschluss fasste das Landesgericht Krems als zuständiges Vollzugsgericht, wie Gerichtssprecher Ferdinand Schuster am Freitag der APA bestätigte. Der 58-Jährige war zuletzt in der Justizanstalt (JA) Stein inhaftiert gewesen, ehe er zur Vorbereitung auf seine Entlassung in die JA Graz-Karlau überstellt wurde.

Im März 1984 hatte ihn das Wiener Landesgericht für Strafsachen wegen Dreifachmordes zu 20 Jahren Haft verurteilt - eine lebenslange Freiheitsstrafe war auf Grund seines Alters von unter 21 Jahren ausgeschlossen. Zusätzlich wurde der Mann allerdings in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen - einem psychiatrischen Gutachten zufolge war er zwar zurechnungsfähig, wies aber eine ausgeprägte Persönlichkeitsstörung und seelische Abartigkeit höheren Grades auf, die ihn hochgefährlich machte. Damit blieb der Mann auf Basis des Paragrafen 21 Absatz 2 StGB nach Verbüßung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe weiter in Haft. Psychiatrische Gutachten verhinderten seine Entlassung, weil die Sachverständigen weiterhin übereinstimmend zum Schluss kamen, dass die von dem Mann ausgehende Gefahr ungeachtet der haftbegleitenden Therapien nicht gebannt war.

Im Vorjahr zeigte sich dann aber bei der vorgesehenen regelmäßigen fachärztlichen Überprüfung eine Besserung, die vor allem auf die jahrelange Einnahme von Medikamenten gegen seine schizoiden Persönlichkeitszüge zurückgeführt wurde. Dem Mann wurde in einem Gutachten eine emotionale kognitive Stabilisierung zugebilligt, nach über 39 Jahren im Gefängnis wurde er auf freien Fuß gesetzt - allerdings unter engmaschiger Überwachung.

Die Justiz verknüpfte die bedingte Entlassung nämlich mit etlichen Weisungen, die sicherstellen sollen, dass der 58-Jährige keine Gefahr für seine Umwelt mehr darstellt. Es wurde ein Wohnplatz an einer Wiener Adresse bei einer Einrichtung organisiert, die auf psychisch auffällige Haftentlassene spezialisiert ist. Der 58-Jährige verpflichtete sich dazu, dort gemeldet zu bleiben. "Es wurde eine Wohnplatzvereinbarung getroffen, wo eine Rund-um-Betreuung gewährleistet ist. Zusätzlich sind eine Reihe von Weisungen einzuhalten", hielt am Freitag auf APA-Anfrage Christina Salzborn, die Sprecherin des Wiener Landesgerichts für Strafsachen fest, dem die Kontrolle obliegt. Der 58-Jährige verpflichtete sich demnach, weiterhin seine Medikamente und psychotherapeutische und psychiatrische Behandlung in Anspruch zu nehmen und auf Alkohol und Drogen zu verzichten. Er wird außerdem von einem Bewährungshelfer betreut.

Damit hat die Justiz Sicherungsmaßnahmen eingezogen, die nach der von Justizminister Alma Zadic (Grüne) ursprünglich konzipierten Reform des Maßnahmenvollzugs schwer möglich gewesen wären. Dieser Entwurf sah vor, dass mit 1. September 2023 nach Paragraf 21 Absatz 2 StGB im Maßnahmenvollzug einsitzende Personen auf freien Fuß zu setzen gewesen wären, die zum Zeitpunkt der so genannten Anlasstat Jugendliche oder junge Erwachsene waren. Der 58-Jährige wäre unter diese Gruppe gefallen.

Vor wenigen Wochen hieß es dann aber seitens des Justizministeriums, dass für Jugendliche oder junge Erwachsene, die sehr lange im Maßnahmenvollzug untergebracht sind, spätestens nach zehn Jahren "Fallkonferenzen" stattfinden sollen. In denen soll abgeklärt werden, welche individuellen Voraussetzungen es braucht, um in diesen speziellen Einzelfällen eine bedingte Entlassung andenken und allenfalls durchführen zu können. Nach der ersten derartigen Fallkonferenz sollen diese alle drei Jahre wiederholt werden. "Mit diesen Nachschärfungen gehen wir auf die während der dafür vorgesehenen Übergangszeit geäußerten Bedenken ein und stellen sicher, dass es je nach Einzelfall zur bestmöglichen individuellen Entscheidung kommt", hatte Zadic Anfang Juni erklärt. Diese Absicht wurde seitens des Justizministeriums am Freitag auf APA-Anfrage bekräftigt.

(FJ/APA)

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