Claus Peymann ist tot!
Rebell und Vordenker
(16.07.2025) Er war nicht immer unkompliziert, aber welcher kreative Kopf ist das schon, nur wer aneckt, kann auch was verändern! Er war Direktor an den beiden wohl berühmtesten deutschsprachigen Theatern: Claus Peymann prägte in seiner langen Karriere nicht nur das Burgtheater, sondern auch das Berliner Ensemble. In Erinnerung bleiben wird er auch für seine markigen Sprüche. Nun ist der leidenschaftliche Theatermacher und Wegbereiter von Thomas Bernhard im Alter von 88 Jahren in Berlin gestorben.
Geboren wurde Claus Peymann am 7. Juni 1937 in Bremen. Seine Karriere als Regisseur und Theaterleiter begann er 1966 bis 1969 als Oberspielleiter am Theater am Turm (TAT) in Frankfurt, wo er u.a. Peter Handkes "Publikumsbeschimpfung" (1966), "Kaspar" und "Das Mündel will Vormund sein" sowie Gerlind Reinshagens "Doppelkopf" zur Uraufführung brachte. 1970 begründete er mit der Uraufführung von Thomas Bernhards erstem Theaterstück "Ein Fest für Boris" am Hamburger Schauspielhaus seine langjährige Arbeitsbeziehung zu dem österreichischen Autor, von dem er zahllose Stücke uraufführen sollte.
1971 gründete er zusammen mit Peter Stein die neue Schaubühne am Halleschen Ufer in Berlin. Er inszenierte dort u. a. die Uraufführung von Handkes "Ritt über den Bodensee" (1971). Ab 1974 war Peymann als Schauspieldirektor an den Württembergischen Staatstheatern in Stuttgart tätig und machte hier mit seinen Klassikerinszenierungen ("Räuber", "Käthchen von Heilbronn", "Faust I und II", "Iphigenie") von sich reden. 1977 sorgte die Sammlung von Spenden für die zahnärztliche Behandlung von Baader-Meinhof-Häftlingen für Aufregung. Peymann verzichtete daraufhin auf eine Verlängerung seines Stuttgarter Vertrages und trat die Leitung des Schauspielhauses in Bochum an, das sich unter seiner Intendanz 1979-86 nach Meinung der Fachkritik zu einem der besten Theater in Deutschland entwickelte.
Seine 1986 in der Nachfolge Achim Bennings angetretene Burgtheater-Direktion bezeichnete Peymann später immer wieder als "Königsetappe". 252 Premieren, darunter 51 Uraufführungen, kamen unter ihm, der den Autoren Handke und Bernhard stets ebenso die Treue hielt wie Peter Turrini und Elfriede Jelinek, am Burgtheater heraus - und nicht immer fanden die spektakulärsten Aktionen auf der Bühne statt. Da sorgte ein "Zeit"-Interview schon mal für mehr Wirbel, als es die meisten Aufführungen vermochten. Die Auseinandersetzungen rund um die Uraufführung des Bernhard-Stücks "Heldenplatz" erreichten allerdings 1988 eine bis dahin kaum bekannte Heftigkeit und machten die Premiere "zum vielleicht legendärsten Datum des österreichischen Theaters der Zweiten Republik" (Peymann in "News"). Mit 120 Vorstellungen wurde der "Heldenplatz" zur meistgespielten Aufführung der Direktionszeit Peymanns.
Nach seiner Burgtheater-Direktion leitete er von 1999 bis 2017 Brechts einstiges Theater am Schiffbauerdamm. Die Schluss-Auktion mit Kostbarkeiten aus dem Fundus des Berliner Ensembles nannte er "Peymann räumt auf", seine 2016 erschienenen "gesammelte Werke", in denen er seinen Weg "durch die Niederungen und Höhen der Theaterkunst" nachzeichnete, "Mord und Totschlag".
Als Peymann 2002 in Wien der "Nestroy"-Theaterpreis für sein Lebenswerk verliehen wurde, sorgten die Laudatio von André Heller sowie Bemerkungen der Moderatorin Andrea Eckert für politische Aufregung im Nachhinein. Kurz darauf verzichtete Peymann "unter dem Eindruck des unwürdigen Schauspiels und provinziellen Gezeters, das um die Nestroy-Preisverleihung an mich ausgebrochen ist", auf den Preis. Erst zehn Jahre später, anlässlich einer "Geburtstags-Jause" zu seinem 75er im Berliner Ensemble, nahm er den Lebenswerkpreis verspätet ein zweites Mal an, nachdem die Statue in der Zwischenzeit in Wien im Theatermuseum aufbewahrt worden war. 2012 wurde er durch den damaligen Burg-Chef Matthias Hartmann auch zum Ehrenmitglied des Burgtheaters ernannt. Kollegin Maria Happel charakterisierte ihn damals in ihrer Laudatio knapp und treffend: "Du bist beides, der 'Ignorant und der Wahnsinnige'".
(fd/apa)