Demos, Fans und Politik
Rammstein im Happel-Stadion
(26.07.2023) (update 19:15) Mit einer Kundgebung hat das Bündnis #KeineBühne am Mittwochnachmittag vor dem Wiener Ernst-Happel-Stadion gegen die dort stattfindenden Konzerte der deutschen Rockband Rammstein protestiert. Grund sind die seit Wochen von mehreren Frauen publik gemachten Vorwürfe gegen Sänger Till Lindemann rund um sexuelle Übergriffe. Zu den beiden Shows am Mittwoch und Donnerstag werden jeweils rund 55.000 Fans erwartet.
Die Plattform #aufstehn hatte Anfang Juni eine Onlinepetition gestartet, mit der man sich gegen die Durchführung der Konzerte aussprach und die bis heute von mehr als 17.000 Personen unterzeichnet wurde. Gemeinsam mit Organisationen wie dem Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF), dem Österreichischen Frauenring oder Claim the Space hat man zur heutigen Protestaktion unter dem Motto "Keine Bühne für mutmaßliche Täter" geladen. "Wir sind der Meinung, dass die Konzerte kein sicherer Ort sind, solange nicht alle Vorfälle geklärt sind", erklärte Kampagnenleiterin Philine Dressler gegenüber der APA.
Mit der Kundgebung, zu der laut Angaben des Bündnisses rund 1.800 Personen gekommen waren, wolle man den Betroffenen den Rücken stärken. "Wir sind hier, weil wir den Betroffenen eine Stimme geben wollen", so Dressler. Man wolle die Konzerte nicht kommentarlos über die Bühne gehen lassen. Vor Ort waren auch Aktivistin Lena Schilling sowie AÖF-Geschäftsführerin Maria Rösslhumer. Auf Schildern war zu lesen "Betroffenen glauben", "Nur Ja heißt Ja" oder "Wer hat Angst vorm weißen Mann?", aber auch "Kill Till". Zwischen den Kundgebungsteilnehmern und den Rammstein-Fans, die als Zaungäste immer wieder vorbei schauten, gab es durchaus ruhige Diskussionen. Aber auch einige Beschimpfungen gingen in Richtung der Protestaktion
Das Rammstein-Konzert in Wien hat eine Welle der Kontroverse ausgelöst. Die deutsche Band, insbesondere ihr Frontmann Till Lindemann, steht unter schweren Anschuldigungen, die von sexuellen Übergriffen über Machtmissbrauch bis hin zu körperlicher Gewalt und Vergewaltigung reichen. Eine Österreicherin hat kürzlich behauptet, Lindemann habe sie bei einer "Pre-Party" in seinem Hotelzimmer misshandelt. Sie gibt an, dass er ihr gegen ihren Willen mehrmals auf das Gesäß geschlagen habe, obwohl sie ihn darum bat, damit aufzuhören. Die Band streitet jegliches strafrechtlich relevantes Verhalten ab und beruft sich auf die Unschuldsvermutung.
Trotz der hitzigen Diskussionen und der empörten Stimmen in der Öffentlichkeit wurden bisher keine Konzerte der Band abgesagt. Es scheint, dass die Anschuldigungen die Fans der Band nicht sonderlich stören. Etwa 110.000 Menschen werden erwartet, um die flammenreiche Rammstein-Show zu erleben. Die Fans stehen jedenfalls hinter Rammstein.
Interessanterweise zählen auch einige Politiker zu den Fans der Band. Medienberichten zufolge wird die Salzburger FPÖ-Chefin und stellvertretende Landeshauptfrau Marlene Svazek den Auftritt am Donnerstag besuchen. Sie gilt als bekennender Rammstein-Fan und hat bereits in der Vergangenheit ein Konzert in Turin besucht. Außerdem wird Michael Stumpf, Landesparteisekretär der FPÖ-Wien, das Konzert persönlich besuchen.
Auf der anderen Seite des Spektrums finden sich Parteimitglieder der Grünen. Sie solidarisieren sich mit den Demonstranten gegen Rammstein. Meri Disoksi, stellvertretende Klubobfrau und Frauensprecherin der Grünen, und Viktoria Spielmann, Frauensprecherin der Grünen Wien, haben in einer Presseaussendung erneut betont, dass die Partei "Keine Bühne für mutmaßliche Täter" fordert.
(fd/apa)