Gegen Schengenraum-Erweiterung

Österreich als einziges Land

(06.12.2022) Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat Österreichs Nein zu Schengen-Erweiterung bekräftigt. "Wir können nicht für die Erweiterung des Schengen-Raums stimmen, weil es dabei auch um die Frage der Sicherheit der europäischen Bürger geht", sagte Edtstadler am Dienstag nach einem Treffen mit ihrer schwedischen Amtskollegin Jessika Roswall in Stockholm. Schwedens EU-Ratsvorsitz im ersten Halbjahr 2023 komme "zur richtigen Zeit, um dieses Thema anzugehen".

"Mit Schweden übernimmt ein Staat den Vorsitz im Rat der Europäischen Union, der viele Erfahrungen hat, was hohe Zahlen an Migration betrifft. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich, dass Schweden unter der Präsidentschaft alles tun wird, um dieses Thema hoch an der Agenda zu halten und tatsächlich Lösungen hervorzuheben", betonte Edtstadler. Zwar müsse die Ratspräsidentschaft ein ehrlicher Vermittler sein, doch "wenn man diese Dinge im eigenen Land erlebt hat", bemühe man sich besonders um Lösungen für die eigenen Bürger.

Edtstadler beklagte, dass der Schengen-Raum "nicht funktioniert". 75 Prozent der nach Österreich kommenden Asylbewerber seien nämlich zuvor nicht registriert worden, obwohl dies europarechtswidrig sei. Sie sei aber froh, dass es nun "etwas Bewegung in der Debatte" gebe und etwa die EU-Kommission einen Aktionsplan zur Balkanroute vorgelegt habe, den Österreich begrüße. "Wir sind dafür, dass man das Thema im Rampenlicht hält", sagte die Ministerin. Auf EU-Ebene habe "selten eine so hohe Aufmerksamkeit" für das Thema Migration gegeben wie jetzt.

Die EU-Innenminister stimmen am Donnerstag über die Erweiterung des Schengen-Raums um Rumänien, Bulgarien und Kroatien ab. Während die Niederlande und Schweden ihren Widerstand gegen die Erweiterung um Rumänien mittlerweile aufgegeben haben dürften, hält die österreichische Bundesregierung nach wie vor daran fest. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bekräftigte erst am heutigen Dienstag gegenüber dem Ö1-"Journal um acht" erneut das Festhalten Österreichs an der Blockade Rumäniens und Bulgariens.

Roswall äußerte sich auf Fragen zur Schengen-Erweiterung ausweichend und verwies auf die Zuständigkeit des Justiz- und Migrationsministeriums. Dem schwedischen Ratsvorsitz sei es wichtig, "dass sich die Dinge weiterbewegen". Dazu zähle etwa auch der Beschluss des Migrationspakts, über den die EU-Staaten schon seit Jahren streiten. "Wir haben 350 Dossiers, über die wir verhandeln müssen, und dieses wird höchste Priorität haben", versicherte sie auf entsprechende Fragen. In ihrem Eingangsstatement hatte die konservative Politikerin die Stärkung des EU-Binnenmarktes, der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft sowie die Unterstützung der Ukraine hervorgehoben. Zur Migration äußerte sie sich erst auf Fragen österreichischer Journalisten konkret.

Die Migrationsfrage hatte wesentlich zur Abwahl der sozialdemokratischen Regierung bei der Parlamentswahl Anfang September beigetragen. Roswalls Parteikollege Ulf Kristersson wurde daraufhin Regierungschef einer Mitte-Rechts-Regierung, an der auch die rechtspopulistischen Schwedendemokraten beteiligt sind. Dieser stellen zwar keine Minister, drückten den Regierungsprogramm aber in der Migrationsfrage ihren Stempel auf. Der Kurswechsel wird in der schwedischen Öffentlichkeit kontrovers diskutiert.

Schon unter der sozialdemokratischen Regierung arbeiteten Österreich und Schweden eng zusammen im Bemühen, das EU-Budget möglichst klein zu halten. Edtstadler bemühte sich schon vor zwei Jahren, die bewährte Zusammenarbeit der "Frugal Four" (Österreich, Schweden, Niederlande, Dänemark) auch auf den Migrationsbereich auszuweiten. Der Regierungswechsel in Schweden könnte diesen Bemühungen nun neuen Schwung geben. "Ich glaube, wir werden ein bisschen besser zusammenarbeiten, weil wir aus der gleichen politischen Familie kommen", sagte Roswall auf eine entsprechende Frage der APA. Edtstadler zeigte sich erfreut, dass sie nun "eine wirklich starke Frau aus der gleichen politischen Familie" als schwedisches Gegenüber habe. Bestimmte Fragen würden aber die Parteipolitik übersteigen, fügte sie hinzu.

Edtstadler wollte am Dienstag noch die schwedische Migrationsbehörde sowie ein Haft- und Abschiebezentrum nördlich der Ostseemetropole besuchen. Sie war bereits am Montagnachmittag in Stockholm angekommen. Dabei traf sie den mit dem gleichen Flugzeug aus Wien angereisten diesjährigen Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger. Im Anschluss besuchte Edtstadler die Konzernzentrale des Telekomkonzerns Ericsson. Dort führte sie in ihrer Rolle als Mitglied des von UNO-Generalsekretär António Guterres ins Leben gerufenen "Internet Governance Forum" Gespräche über die globale Regelung des Internet.

(MK/APA)

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