Karrierekiller Babypause?
Mega-Umfrage unter Eltern
(17.04.2024) Die Karenz ist vor allem für Frauen ein regelrechter Karrierekiller. Denn im Anschluss arbeitet nur noch die Hälfte der Mütter in gleicher Position weiter, viele erleben eine Degradierung. Jede dritte Frau kehrt nach der Karenz erst gar nicht zurück und verlässt den Arbeitgeber. 24 Prozent bleiben dem Unternehmen zwar erhalten, arbeiten aber in einer neuen Position.
Degradierung nach der Karenz
- jede dritte Dienstnehmerin erhält weniger verantwortungsvolle Aufgaben
- jede Vierte erhält weniger Gehalt in Relation zur Arbeitszeit (27 Prozent)
- jede fünfte berufstätige Mutter wird auf einer niedrigeren Position als davor eingesetzt
- jede Siebente muss Personalverantwortung abgeben
Zeitgleich arbeiten 68 Prozent der Männer in ihrer früheren Rolle weiter und mehr als die Hälfte davon ohne Einschränkungen oder Veränderungen. Das sind zentrale Ergebnisse der Studie „Working Parents & beyond“, für die Stepstone Österreich im März 2024 2.200 Beschäftigte in Österreich, darunter etwa 1.000 Elternteile, 400 davon mit Kindern unter 11 Jahren, zu den Themen Karriere, Familienleben und Work-Life-Balance befragt hat.
4 von 5 Müttern reduzieren die Arbeitszeit – aber nur jeder dritte Vater
Unabhängig davon, ob sie in neuer oder alter Position arbeiten, entscheiden sich knapp 80 Prozent der Mütter nach der Rückkehr in den Job dafür, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Von jenen Vätern, die in Karenz waren, reduzieren danach nur 35 Prozent ihr Arbeitspensum.
Die Hauptgründe für eine Reduktion: Kinderbetreuung
An erster Stelle steht für zwei von drei Elternteilen der persönliche Wunsch nach mehr Zeit für die Kinderbetreuung, an zweiter Stelle das Bedürfnis, die Doppelbelastung aus Kinderbetreuung und Arbeit zu vermeiden und ein Viertel reduziert, aufgrund des Probl ems, externe Betreuungsmöglichkeiten zu finden.
Zwei von drei Müttern wollen in Vollzeit oder vollzeitnah arbeiten
Haben sich Mütter nach der Elternzeit fürs berufliche Kürzertreten entschieden, ist der Weg zurück oft schwierig: 68 Prozent der Mütter, die nach der Karenz ihre Arbeitszeit reduziert haben, würden gerne in Vollzeit (35-40 Stunden) oder in einer vollzeitnahen Stelle (30-35 Stunden) arbeiten.
„Die Zahlen verdeutlichen eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität bei der Vereinbarkeit von Familie und Karriere in Österreich. Angesichts des Arbeitskräftemangels zählt jede Arbeitsstunde und daher ist es entscheidend, Eltern bestmöglich im Arbeitsmarkt zu halten. Die Studie zeigt, dass viele Eltern sich das wünschen. Es ist daher dringend erforderlich, dass Arbeitgeber ihnen mehr Unterstützung bieten und eine entsprechende Infrastruktur bereitstellen. Nur so können wir effektiv gegen Geschlechterungleichheit und Arbeitskräftemangel vorgehen.“ Nikolai Dürhammer, Geschäftsführer Stepstone Österreich und Schweiz
Viele Eltern fühlen sich vom Arbeitgeber allein gelassen
44 Prozent sehen sich bei der Rückkehr aus der Karenz ohne Unterstützung des Arbeitgebers. Nur 23 Prozent der Eltern mit Kindern unter 11 Jahren sagen, dass ihr Arbeitgeber sie ausreichend unterstützt, um ihre Kinderbetreuungspflichten erfolgreich mit ihrer Arbeit zu vereinbaren. Nur 37 Prozent können auf flexible Arbeitsvereinbarungen zurückgreifen, um die Kinderbetreuung effektiv zu organisieren und gleichzeitig ihre Arbeitsproduktivität aufrechtzuerhalten und jede*r Vierte denkt an Kündigung aufgrund mangelnder Unterstützung.
„Bereits Anfang des Jahres haben wir festgestellt, dass Überlastung vor allem die Gen Y und darunter vor allem Frauen hart trifft – sprich Mütter mit kleinen Kindern. In dieser Umfrage sehen wir wieder, dass Beschäftigte mit ihren Betreuungspflichten alleingelassen werden und sich sogar gezwungen sehen, ihre Situation bei der Jobsuche zu verschleiern, um Diskriminierung zu vermeiden. Dabei können Arbeitgeber viel gewinnen, wenn sie Beschäftigte in dieser Lebensphase unterstützen. Es mangelt leider noch zu oft an der Akzeptanz, dass Kinder zum Leben dazu gehören – auch zum Berufsleben.“ Corina Drucker, Sprecherin Stepstone Österreich.
Wahrnehmung von Eltern am Arbeitsmarkt
Mehr als die Hälfte der Befragten ohne Kinder hält die Zusammenarbeit mit Eltern aufgrund ihrer Betreuungspflichten für herausfordernder als mit kinderlosen Kolleg*innen. Auch die Befragten Recruiter*innen und Personalverantwortlichen sagen, dass sie in ihrem Unternehmen begrenzte Aufstiegschancen nach der Rückkehr (9 %) und ein langsameres berufliches Fortkommen im Vergleich zu Kolleg*innen ohne elterliche Verpflichtungen bemerken (19 %), dass aber auch das Arbeitspensum durch familiäre Verpflichtungen negativ beeinflusst wird (15 %). Sie sehen auch ganz klar die Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt, wenn diese Kinder haben: 79 Prozent der befragten Personalverantwortlichen denken, dass Frauen ganz allgemein (eher) schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt haben, wenn sie Kinder bekommen, dass sich das Kinderkriegen jedoch auf männliche Karrieren nicht (83 %) und wenn, dann sogar (eher) positiv (12 %) auswirkt.
Auch die Personalarbeit mit Elternteilen findet mehr als die Hälfte der befragten Personalverantwortlichen herausfordernder als mit Beschäftigten ohne Betreuungspflichten (53 %), vor allem die Suche nach einem Ersatz während der Karenz empfinden viele als schwierig (79 %) ebenso sehen viele die Wiedereingliederung und schlechte Planbarkeit (54 %) als Problem.
20 Prozent der Recruiter*innen haben schon erlebt, dass Eltern in Vorstellungsgesprächen Informationen zu Betreuungspflichten zurückhalten oder verändern. Parallel dazu haben 27 Prozent der Kandidat*innen Angst, ihre Betreuungspflichten im Vorstellungsgespräch anzugeben, aus Sorge als weniger engagiert oder kompetent wahrgenommen zu werden. Jede*r Fünfte hat im Bewerbungsprozess aufgrund seiner Rolle als berufstätiges Elternteil Vorurteile oder Diskriminierung erfahren.
(apa/mc)