Lehrer an den Pranger?
(13.10.2018) Die rechtspopulistische deutsche Partei AfD sorgt mit Plänen für Meldeplattformen gegen Lehrkräfte, die sich kritisch über die rechtspopulistische Partei äußern, für heftige Kritik. Die deutsche Justizministerin Katarina Barley warf der AfD "organisierte Denunziation" vor. Dies sei ein "Mittel von Diktaturen", sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Donnerstag.
Die AfD will in mehreren deutschen Bundesländern Online-Portale einrichten, auf denen Schüler politische Äußerungen von Lehrern melden können. In der norddeutschen Stadt Hamburg gibt es bereits eine derartige Meldeplattform.
Die AfD fordere, dass "Kinder zu Denunzianten werden", sagte der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Thüringens Ressortchef Helmut Holter am Donnerstag im Südwestrundfunk (SWR). Das erinnere an die NS-Diktatur. Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbunds, Ulrich Silberbach, forderte die Kultusminister zu Gegenmaßnahmen auf. Er erwarte von ihnen "eine klare Botschaft" und dass einen solchen "Pranger" ablehnten, sagte er der "Rheinische Post" vom Donnerstag.
Auch der Deutsche Lehrerverband sieht im Vorgehen der AfD einen Aufruf, Lehrkräfte zu denunzieren. "Und dann ist es natürlich auch der Versuch, sich selber in eine Opferrolle zu begeben, zu behaupten, dass Deutschlands Lehrkräfte einseitig informieren, ein Einschüchterungsversuch", sagte der Verbandsvorsitzende Heinz-Peter Meidinger am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". "Den weisen wir auf das Schärfste zurück."
Der Staatsrechtler Christoph Degenhart wertete die Plattformen als rechtswidrig. Sie verstießen aufgrund der damit verbundenen "Prangerwirkung" gegen das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen, sagte er im SWR. Die Länder als Arbeitgeber der Lehrer hätten eine Fürsorgepflicht und müsste diesen helfen, sich juristisch gegen die Plattformbetreiber zur Wehr zu setzen.
Der Staatsrechtler Joachim Wieland betonte, Hinweise von Lehrern auf problematische Entwicklungen in Parteien wie der AfD während des Unterrichts seien legitim und entsprächen der Aufgabe jedes Beamten. Diese hätten sich "für die freiheitlich-demokratische Grundordnung" einzusetzen und "Werte der Verfassung zu vermitteln".
(APA)