Nawalny-Begräbnis begonnen
Tausende Menschen versammelt
(01.03.2024) Der Sarg mit dem im Straflager gestorbenen Kremlgegner Alexej Nawalny ist am Freitag in der Kirche für die Trauerfeier angekommen. Nawalnys Team zeigte in einem Live-Stream auf Youtube, wie Männer den braunen Sarg aus einem schwarzen Transporter zogen und dann im Gleichschritt in die Kirche trugen. Hunderttausende verfolgten die Übertragung. Die Menschen an der Kirche skandierten "Nawalny", "Nawalny", "Nawalny".
Einige riefen auch: "Du hattest keine Angst. Und wir haben keine Angst." Tausende Menschen warteten mit Blumen in der Hand, um sich von dem Gegner des Kremlchefs Wladimir Putin zu verabschieden. Viele lobten Nawalnys Mut in seinem Kampf gegen Putin. Trotz eines Großaufgebots von Polizei und anderen uniformierten Sicherheitskräften, viele von ihnen maskiert, war der Andrang riesig.
Die Angehörigen hatten den Körper des 47-Jährigen am Morgen in der Leichenhalle in Moskau mit Verzögerung für die Beerdigung erhalten. Nach der Trauerfeier in der Kirche zu Ehren der Gottesmutterikone "Lindere mein Leid" im südöstlichen Bezirk Marjino war die Beerdigung für 16.00 Uhr (14.00 Uhr MEZ) auf dem Borissow-Friedhof geplant.
Österreichs Botschafter in Moskau, Werner Almhofer, vertrat nach Angaben des Außenministeriums die Republik beim Begräbnis. Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, die nach Moskau reisen wollte, erhielt kein russisches Visum. Sie wollte vor der russischen Botschaft in Wien einen Kranz niederlegen. SPÖ-Abgeordnete Petra Bayr, außenpolitische Sprecherin der SPÖ, betonte die Verantwortung des Putin-Regimes für den Tod Nawalnys.
Nawalny setzt den Machtapparat auch nach seinem Tod in höchste Nervosität. Putins Behörden befürchten, dass Anhänger des Oppositionsführers gegen den Kremlchef protestieren könnten. Kremlsprecher Dmitri Peskow warnte am Freitag, dass jeder Bürger die Verantwortung trage für eine Teilnahme an nicht erlaubten Aktionen auf der Straße. Zugleich antwortete er auf die Frage eines russischen Journalisten, ob der Kreml etwas zum Tod Nawalnys zu sagen habe: "Nein, nichts."
Putin will sich in zwei Wochen bei einer Wahl als Präsident im Amt bestätigen lassen. Unterstützer und Angehörige Nawalnys sowie Menschenrechtler werfen Putin vor, er habe den russischen Oppositionsführer in Haft ermorden lassen. Der Kreml weist das zurück.
Nawalny starb am 16. Februar nach Behördenangaben im Straflager mit dem inoffiziellen Namen "Polarwolf" in der sibirischen Arktisregion Jamal. Die Umstände seines Todes sind nicht geklärt. Der durch einen Giftanschlag 2020 und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Nach Angaben von Nawalnys Team ist im Totenschein von "natürlichen" Ursachen die Rede.
(mt/apa)