Pensionsreform vor dem Sommer
Kritik von (fast) alle Seiten
(30.06.2025) Was wird alles neu sein? Im Pensionssystem soll es schon ab kommendem Jahr einige Änderungen geben. Bei der Korridorpension sowie der Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung. Auch an einer Teilpension und einem Nachhaltigkeitsmechanismus wird gearbeitet. Den Fahrplan präsentiert haben die Klubobmänner von ÖVP und NEOS ohne die Sozialdemokraten. Das deute aber nicht auf einen Zwiespalt in der Regierung hin, betonten alle drei Parteien.
"Größte Pensionsreform seit 20 Jahren"
NEOS-Klubobmann Yannick Shetty sprach vor Journalistinnen und Journalisten von der "größten Pensionsreform seit 20 Jahren". Die sei notwendig, damit das Pensionssystem funktionstüchtig bleibe, meinte auch ÖVP-Klubobmann August Wöginger. Die Menschen sollen länger im Erwerbsleben gehalten werden. Aktuell gebe es 2,5 Millionen Pensionistinnen und Pensionisten, 2045 sollen es ungefähr 3,25 Millionen sein. Mit dem Umlageverfahren - der Finanzierung der Pensionen durch die Beiträge der Arbeitenden - würde man zudem nicht mehr auskommen und jedes Jahr 30 Milliarden Euro zuschießen müssen, so Shetty. Spielräume für Zukunftsthemen wie Bildung würden dadurch wegfallen.
Ab 1. Jänner 2026 werden das frühestmögliche Antrittsalter für die Korridorpension schrittweise von 62 auf 63 Jahre und die notwendigen Versicherungsjahre von 40 auf 42 angehoben. In Quartalsschritten sollen die Werte so lange um zwei Monate steigen, bis das Ziel erreicht ist. Ab 2029 sollen die Einsparungen dadurch eine Milliarde Euro im Jahr betragen. Die von der Regierung noch vor dem Sommer geplante Pensionsreform stößt auf deutliche Kritik der Sozialpartner. Die Arbeiterkammer nennt den vorgesehenen Nachhaltigkeitsmechanismus in ihrer Begutachtungsstellungnahme "missglückt". Die Wirtschaftskammer wiederum erwartet, dass die Teilpension kein Erfolg wird und kritisiert, dass die Altersteilzeit zu wenig eingeschränkt wird.
Die Arbeitgeber-Vertretung verweist darauf, dass weiterhin die Möglichkeit bestehen wird, neben dem Bezug einer vorzeitigen Alterspension einer geringfügigen Beschäftigung nachzugehen. Diese Alternative werde für zahlreiche Pensionsbezieher die attraktivere Variante sein, ist die Wirtschaftskammer in ihrer Begutachtungsstellungnahme überzeugt. Auch die Nicht-Auszahlung der "Abfertigung alt" vor Bezugsbeginn der Teilpension werde vermutlich die Akzeptanz des Teilpensionsmodells negativ beeinflussen.
Selbstständige von Teilpension ausgeschlossen
Weiters kritisiert man, dass Selbstständige de facto von der Teilpension ausgeschlossen seien. Denn es werde auf eine Reduktion der Arbeitszeit abgestellt, die naturgemäß bei Selbstständigen nicht erfasst werde. Der Gesetzesentwurf sei daher um eine für selbstständig Erwerbstätige praktikable Teilpensionsregelung zu ergänzen. Was die Einschränkung der Altersteilzeit angeht, sollte die nach Vorstellung der Wirtschaftskammer erst drei Jahre vor dem Regelpensionsalter angetreten werden können, nicht schon drei Jahre vor Beginn einer Korridorpension. Ohnehin würde man eine Einschränkung auf zwei Jahre begrüßen.
Während die Arbeiterkammer mit Ausnahme von Details, wie etwa dass es schon eine Teilpension gebe und man daher einen neuen Namen suchen sollte, diese neue Pensionsform ausdrücklich begrüßt, lehnt die Dienstnehmer-Vertretung den Nachhaltigkeitsmechanismus ab. Dieser soll Maßnahmen im System erzwingen, wenn die Kostendämpfung bis 2030 nicht die gewünschten Ergebnisse bringt.
AK gegen erleichterten Zuverdienst in Pension
Die AK wendet sich dabei gegen den gewählten Kostenpfad. Konkret wird gefordert festzulegen, kostensteigernde Maßnahmen, die bereits jetzt absehbar sind, nicht in den Zielpfad und in die Berechnung der Überschreitung einfließen zu lassen. Im Wesentlichen zielt man dabei auf die geplante Flat Tax für Zuverdienst in der Pension ab, der die Kammer soundso äußerst skeptisch gegenüber steht.
Es werde sich der Pensionsaufschub nicht mehr rechnen, wenn der Zuverdienst zur Pension massiv begünstigt werde, prophezeit die AK in ihrer Begutachtungsstellungnahme. Wegen der enormen Kosten für die öffentliche Hand biete die Flat Tax Rückenwind für die Forderung nach einer Anhebung des Regelpensionsalters. Ganz glücklich ist auch die Wirtschaftskammer mit dem Nachhaltigkeitsmechanismus nicht, auch wenn sie solch einen Hebel an sich begrüßt. Doch findet man, dass die Gegen-Maßnahmen viel zu spät ihre Wirkung entfalten würden. Maßnahmen, die möglicherweise im Jahr 2030 beschlossen würden, könnten aus Gründen des Vertrauensschutzes erst lange danach in Kraft treten. Einzig die angesprochene Maßnahme "Erhöhung des Beitragssatzes" wäre sofort umsetzbar, würde aber dann auch die Lohnnebenkosten erhöhen.
(fd/apa)