Pink rockt Wien ab
Beim "Summer Carnival" wird nicht gekleckert
(02.07.2023) Wenn Pink eine Party startet, dann aber ordentlich: Da turnte der Popstar am Samstag zum Startschuss ihres Konzertes im Wiener Ernst-Happel-Stadion an Seilen in luftigen Höhen, umgab sich am Boden angelangt von einer herumwuselnden Tanztruppe, während die Videowalls das Publikum mit Visuals bombardierten und die Band "Get The Party Started" überbordend krachen ließ. "Summer Carnival" heißt schließlich die Tour, da darf man nicht kleckern. Heute, Sonntag, folgt die Zugabe.
In vier Akte hat die Sängerin ihr aktuelles Programm eingeteilt. Und am Anfang schienen sich die bombastischen Klänge - mit "Raise Your Glass", "Who Knew" sowie "Just Like A Pill" ging es flott dahin - und die Showelemente gegenseitig zu erschlagen. Die Videosequenzen flimmerten ultra-schnell geschnitten über drei Schirme, ein riesiger Regenbogen blinkte in allen Farben, virtuelle Flamingos und ebensolche Brillantringe rieselten herab, Raketen zündeten und die Frau, die sich P!nk schreibt, hüpfte ausgelassen auf einem Gummiball, während der Wind einem im ohnehin auch in Sachen Akustik in die Jahre gekommenen Prateroval den Sound um die Ohren (ver)blies.
Aber die 43-Jährige ist lange genug im Showbusiness, um zu wissen, dass man mit Reizüberflutung allein nicht durchkommt und stieg rechtzeitig auf die Bremse. Das wunderschöne "Try" kam vergleichsweise fast intim und bot viel Raum für die Stimme der mehrfachen Grammy-Gewinnerin. Dass sich Akrobatik und Pop mit Botschaft bestens kombinieren lassen, demonstrierte Pink mit "Turbulence", dem ersten Song an diesem Abend aus dem aktuellen Album "Trustfall": "Vergiss nie, egal wie schaurig es sich anfühlt, es sind nur Turbulenzen", sang sie, kopfüber am Trapez hängend.
"Es gibt Songs, die hätte ich selbst gerne geschrieben", erzählte Pink und nannte in einem Atemzug John Lennons "Imagine" und Rammsteins "Du hast", um dann allerdings Bob Dylans zeitlos schöne Ballade "Make You Feel My Love" zu covern. Später im Set folgte mit "No Ordinary Love" eine weitere Verneigung - wenn auch das laszive Element Sade vorbehalten bleibt, meisterte Pink diese sanften Töne genauso wie ihren Aufbau-Bombastpop "F**kin' Perfect" oder den Rock-Kracher "Just Like Fire", bei dem die Gitarre rören durfte, Feuersäulen aus dem Boden schossen und fetzig Bat Benetar zitiert wurde.
Bei "Kids in Love" hätte man gerne die Duett-Partnerinnen von First Aid Kit (wie auf dem Album) dabei gehabt - im Zweifelsfall im Tausch gegen die Trampolinartisten, die bei "Trustfall" munter herumsprangen. "Runaway" führte optisch in die Aerobic-Welt der Achtziger, irgendwann rollte ein Tänzer in Einkaufswagerln herbei und Kussmünder mit Beinen flankierten Pink. Am Ende, zum rotzigen Gassenhauer "So What", flog die Sängerin als Höhepunkt auch noch mehrmals quer durchs Stadion. Was solls, es ist ja "Summer Carnival" - und wie heißt es in einer Textzeile von "Raise You Glass": "Why so serious?"
Ernst war Pink jedoch bei "Irrelevant", man muss kämpfen, mahnte sie, "denn ohne Kampf kein Fortschritt". Eindringlich die gesungene Botschaft: "Girls just wanna have rights". Solche Momente ließen über manches an zu viel Gewusel in der Gesamtinszenierung hinwegsehen. Für den zweiten Zirkus-Termin gibt es noch Restkarten.
(mt/apa)