Trotz Verbot: Palästina-Demo
Einige 100 in Wien unterwegs
(11.10.2023) (update 21:45) Eine für Mittwochabend angemeldete Pro-Palästina-Demo in der Wiener Innenstadt ist wenige Stunden zuvor untersagt worden. Dieser Schritt sei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit "zulässig und geboten", sagte Polizeipräsident Gerhard Pürstl in Wien. Trotz des Verbots versammelten sich am Abend einige hundert propalästinensische Demonstranten am Stephansplatz. Die Stimmung war aufgeheizt.
Eingekesselt
Die Demonstranten schrien lauthals Parolen, doch die Polizei löste die Versammlung trotz mehrmaliger Ankündigung nicht auf. Die Menge versuchte später in Richtung Schwedenplatz zu ziehen, wurde jedoch von der Polizei aufgehalten. Beim Stephansplatz kesselte die Polizei die Teilnehmer der Protestaktion immer weiter ein.
Keine Gewalt
Kurz vor 21.00 Uhr forderte die Polizei die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf, die Demo zu verlassen. Es leisteten jedoch nur Teile der Protestierenden der Aufforderung Folge. Polizeisprecher Markus Dittrich sprach gegenüber der APA vorerst von einigen Identitätsfeststellungen. Man sei "im Sinne der Verhältnismäßigkeit" vorgegangen, hieß es von der Polizei zur Frage, warum die eigentliche untersagte Versammlung so lange nicht aufgelöst worden sei. Es sei allmählich ein "Abstrom" erkennbar, teilte die Landespolizeidirektion Wien der APA gegen 21.30 Uhr mit.
Pürstl hatte zuvor bei einem kurzfristig einberufenen Pressetermin in der Landespolizeidirektion das Verbot mit den Worten erläutert, dass man verhindern habe müssen, "dass der gewalttätige Konflikt im Nahen Osten auf die Straßen Wiens getragen wird". Pürstl berief sich auf jüngste nachrichtendienstliche Erkenntnisse, denen zufolge die ursprünglich als "Mahnwache in Solidarität mit Palästina" angemeldete Veranstaltung in "eindeutige Gewaltaufrufe" in Richtung des Staates Israel münden hätte können. Im Vorfeld seien im Internet Einladungen zu der Kundgebungen mit von der Hamas verwendeten Codes verbreitet worden, die ein freies Palästina und die vollständige Auslöschung Israels gutheißen bzw. propagieren. Die Veranstalterin der Kundgebung habe sich davon nicht distanziert, weshalb man sich nach einer "ganz sorgfältigen Abwägung" dazu entschlossen habe, die Veranstaltung nicht stattfinden zu lassen, erläuterte Pürstl.
Die Polizei werde "alles tun", dass die für 19.00 Uhr geplant gewesene Pro-Palästina-Demo nicht über die Bühne gehen werde, hatte Pürstl auf Nachfrage von Medienschaffenden bekräftigt. Sicherheitskräfte "in ausreichender Anzahl" würden dafür Sorge tragen. Die Polizei hatte mit 200 bis 250 Teilnehmenden an der Kundgebung gerechnet - darunter offenbar auch Sympathisanten der Hamas mit "gewaltspezifischem Ideengut", wie Pürstl anmerkte.
Am Vormittag hatte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) noch keinen Grund gesehen, die pro-palästinensische Demonstration zu untersagen. Das Versammlungsrecht sei "in einer wehrhaften freien Demokratie eines der höchsten Güter", argumentierte Karner. Die Einschätzung der Lage dürfte sich nach im weiteren Verlauf des Tages gewonnenen Erkenntnissen der Direktion Staatsschutz Nachrichtendienst (DSN) geändert haben, zu denen Polizeipräsident Pürstl keine Details bekanntgeben wollte. Angemeldet hatte die Mahnwache eine Organisation namens "BDS Austria", die sich für "Sanktionen gegen Israel bis zum Ende von Apartheid und Besatzung in Palästina" ausspricht.
Indes fand ab 18.30 Uhr am Ballhausplatz eine friedliche Gedenkveranstaltung für die Opfer und Vermissten in Israel statt.
Initiiert hat diese die Israelitische Kultusgemeinde.
(fd/apa)