Psychische Belastung alarmierend hoch
Gerade bei Kindern und Jugendlichen
(07.10.2022) Die psychische Belastung nimmt in Österreich dramatische Formen an. Ein Viertel fühlt sich laut einer am Freitag präsentierten landesweiten Gesundheitsstudie der Wiener Städtischen Versicherung unter 1.000 Personen im Alter von 16 bis 70 Jahre schlechter als noch vor einem Jahr, ein Fünftel bezeichnet sich als psychisch krank. Hauptleidtragende sind Kinder und Jugendliche.
Die Mehrheit der durch das Gallup Institut befragten Österreicher (62 Prozent) beurteilt das aktuelle mentale Befinden zwar als (sehr) gut, allerdings nimmt jeder Vierte eine Verschlechterung des mentalen Gesundheitszustands innerhalb der vergangenen zwölf Monate wahr. Zurückzuführen ist das primär auf diverse Belastungssituationen im Alltag - etwa gesundheitliche Probleme, Existenzängste, private und berufliche Krisen -, die andauernde Corona-Pandemie und deren Rahmenbedingungen. Vielfach zeigen sich zudem bereits konkrete Beschwerdebilder und Symptome wie getrübte Stimmung, Stress, Antriebslosigkeit oder Gereiztheit.
Zu den Hauptleidtragenden gehören auch Kinder und Jugendliche. 43 Prozent der Befragten mit Kindern bis 18 Jahre im Haushalt führen an, dass diese aktuell psychisch (sehr) belastet sind. Besonders betroffen sind Teenager im Alter von 15 bis 18 Jahren. Ein Fünftel der Eltern berichtet zudem von einer Verschlechterung des psychischen Befindens bei ihren Kindern in den vergangenen zwölf Monaten, wobei Eltern mit formal geringerer Bildung (24 Prozent) tendenziell eher eine Verschlechterung sehen.
Erfahrungswerte mit psychischen Erkrankungen wie Depression, Angststörung oder Burn-out haben rund 40 Prozent der Österreicher: Ein knappes Fünftel litt in der Vergangenheit an einer psychischen Erkrankung, 20 Prozent bezeichnen sich aktuell als psychisch krank. Der Anteil an psychisch Stabilen ist bei Männern, in der Altersgruppe 56 bis 70 Jahre, bei Personen mit höherem Bildungsniveau sowie einkommensstärkeren Bevölkerungsgruppen stärker ausgeprägt. Singles sind hingegen stärker betroffen: 50 Prozent der Ein-Personen-Haushalte verfügen über persönliche Erfahrungen mit psychischer Erkrankung. "Spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie wissen wir, welche Gruppen in der Gesellschaft am meisten in Krisenzeiten leiden. Das sind zum einen Frauen, die verstärkt Mehrfachbelastungen ausgesetzt sind, und zum anderen Kinder und Jugendliche", so Doris Wendler, Vorstandsdirektorin der Wiener Städtischen Versicherung, anlässlich des bevorstehenden Welttages für mentale Gesundheit am 10. Oktober.
Ein Viertel jener, die eine Verschlechterung des mentalen Gesundheitszustands innerhalb des vergangenen Jahres gemerkt haben, nehmen laut eigenen Angaben professionelle Hilfe in Anspruch. Für ein weiteres Drittel ist dies zumindest in der Zukunft vorstellbar. 40 Prozent lehnen professionelle Hilfe gänzlich ab, in der Altersgruppe bis 35 Jahre sind es sogar 47 Prozent. Die meistgenannten Gründe für diese ablehnende Haltung sind die Annahme, auch ohne professionelle Unterstützung die eigenen Probleme einigermaßen bewältigen zu können, die hohen Kosten einer privaten Therapie bzw. die geringen Kassenzuschüsse. Nur eine Minderheit von 30 Prozent zeigt sich mit dem österreichischen Gesundheitssystem im Hinblick auf die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen zufrieden.
(apa/makl)