RU: Vorwürfe nach Anschlag!
"Vom Westen unterstützt"
(26.03.2024) Wer es denn glauben will? Die Desinformationskampagne ist in vollem Gang. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat westlichen und ukrainischen Geheimdiensten vorgeworfen, den Anschlag auf einen Konzertsaal bei Moskau unterstützt zu haben. "Wir glauben, dass die Aktion sowohl von den radikalen Islamisten selbst als auch von westlichen Geheimdiensten vorbereitet wurde", zitierte die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti am Dienstag FSB-Chef Alexander Bortnikow. Konkret nannte er die USA, Großbritannien und die Ukraine.
Geheimdienste westlicher Staaten sowie der Ukraine hätten den Anschlag gebraucht, um Panik in Russland auszulösen. Die ukrainischen Dienste seien "unmittelbar involviert", fügte Bortnikow hinzu. Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, sei ein "legitimes Ziel". Nach Angaben des FSB wurde der Auftraggeber des Anschlags noch nicht identifiziert. Russland verstehe jedoch, wer die Angriffe organisiert habe, sagte Bortnikow. Seinen Angaben zufolge hatten die mutmaßlichen Angreifer vor, in die Ukraine zu fliehen. Dort hätten sie "als Helden" begrüßt werden sollen. Beweise für seine Behauptungen legte der FSB-Chef nicht vor. Die Desinformationskampagne in den Social-Media Foren hat bereits an Fahrt aufgenommen.
Ungeachtet glaubwürdiger Bekennerschreiben islamistischer Terroristen schrieb auch der Sekretär von Russlands nationalem Sicherheitsrat, Nikolai Patruschew, Kiew die Verantwortung für den Anschlag zu. Das russische Nachrichtenportal Shot veröffentlichte ein Video, in dem einer seiner Reporter Patruschew im Vorbeigehen nach den Verantwortlichen fragt: "ISIS oder Ukraine?" Patruschew antwortet: "Natürlich die Ukraine". Wenig später ruderte Patruschew wieder etwas zurück und sagte einem russischen Fernsehreporter mit Blick auf eine vermeintliche ukrainische Beteiligung: "Es deutet viel darauf hin." Er räumte nun aber auch ein, dass die Ermittlungen noch im Gange seien, das Ergebnis bleibe abzuwarten.
Die Ukraine wies auch diesmal die Vorwürfe umgehend zurück. Das seien Lügen, erklärte der enge Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Mychailo Podoljak, auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter). "Die Lügen werden offiziell verbreitet von Patruschew und danach vom FSB-Chef Bortnikow."
Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko sagte indes, dass die Attentäter möglicherweise in sein Land fliehen wollten. Als nach dem Angriff auf die Crocus City Hall am vergangenen Freitag bekannt wurde, dass die Täter mit einem Auto in das an Belarus grenzende russische Gebiet Brjansk fuhren, seien auch auf Seite des Nachbarlandes Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden, sagte Lukaschenko laut staatlicher Nachrichtenagentur Belta am Dienstag. "Sie (die Terroristen) konnten deshalb nicht nach Belarus gelangen. Das haben sie gesehen. Deshalb sind sie umgekehrt und in Richtung ukrainisch-russische Grenze gefahren." Brjansk grenzt neben Belarus auch an die Ukraine. Der russische Machthaber Wladimir Putin behauptet seit Tagen, die Männer hätten in die Ukraine fliehen wollen und seien dort erwartet worden.
Zu dem Anschlag in Moskau hat sich bereits mehrfach die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) bekannt. Westliche Sicherheitsbehörden und Experten halten das auch für glaubwürdig und vermuten den IS-Ableger Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) dahinter. Trotzdem behaupten russische Vertreter seit Tagen und ohne Vorlage von Beweisen, die Ukraine könnte verwickelt sein. Kreml-Chef Putin trat unterdessen etwas zurückhaltender auf. Er zähle darauf, dass die russische Generalstaatsanwaltschaft alles dafür tun werde, "dass die Verbrecher eine gerechte Strafe erhalten, so wie es das russische Gesetz vorschreibt", sagte er am Dienstag. Am Montag hatte Putin bestätigt, dass der Angriff auf die Crocus City Hall mit fast 140 Toten von islamistischen Terroristen ausgeführt wurde. Zugleich machte er wie schon am Wochenende deutlich, dass er eine ukrainische Spur sieht. Russland wolle wissen, "wer der Auftraggeber ist".
(fd/apa)