Ungarn lässt Schweden gewähren
Was bedeutet der Nato Beitritt?
(26.02.2024) Nach monatelangem Ringen hat das ungarische Parlament mit einer Abstimmung am heutigen Montag den Weg für Schwedens Beitritt in die NATO frei gemacht. Mit dem vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges gestellten Antrags auf eine Mitgliedschaft in der Militärallianz gibt das skandinavische Land nicht nur seine jahrzehntelange Blockfreiheit auf. Er bedeutet auch für das Militärbündnis und das geopolitische Gleichgewicht in der Region tiefgreifende Veränderungen.
Kurz vor der Abstimmung des ungarischen Parlaments über einen NATO-Beitritt Schwedens hat Ministerpräsident Viktor Orban diesem Vorhaben seine Unterstützung zugesichert. "Heute werden wir (...) Schwedens NATO-Beitritt unterstützen", sagte der rechtspopulistische Politiker zu Beginn der Plenarsitzung. Zugleich bekräftigte Orban, dass er im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine "keine militärische Lösung" sehe, sondern nur ein Ende des Kriegs auf dem Verhandlungswege.
Seit dem Ende der Napoleonischen Kriege zu Beginn des 19. Jahrhunderts verfolgte Schweden eine Politik der Neutralität. Im Nachgang des Kalten Krieges wurde daraus eine militärische Blockfreiheit. Zwar unterstützte das skandinavische Land internationale Friedensmissionen mit Soldaten, seit mehr als 200 Jahren war Schweden jedoch nicht mehr an einem Krieg beteiligt. Der bisher letzte militärische Konflikt war der Schwedisch-Norwegische Krieg im Jahr 1814. Das Land knüpfte im Laufe der Zeit immer engere Verbindungen zur NATO und trat etwa 1994 der Partnerschaft für den Frieden und 1997 dem Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat bei. Eine Vollmitgliedschaft in dem Militärbündnis galt jedoch vor allem unter Schwedens Sozialdemokraten lange als Tabu. Der ehemalige sozialdemokratische Verteidigungsminister Peter Hultqvist erklärte noch im Herbst 2021, er könne "garantieren", dass er sich niemals an einem Beitrittsverfahren beteiligen werde.
Der Entschluss für Schwedens Beitrittsgesuch erfolgte im Frühjahr 2022 als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Mit breiter Mehrheit stimmte das Parlament für einen schwedischen Antrag auf die Mitgliedschaft, der im Mai 2022 gemeinsam mit dem Nachbarland Finnland eingereicht wurde. Finnland konnte der NATO im April 2023 beitreten, während Schweden wegen Blockaden der Türkei und Ungarns weiter warten musste.
Während Schweden lange Zeit sehr stark in die Verteidigung des Landes investierte, wurden die Ausgaben Regierungsangaben zufolge nach dem Ende des Kalten Krieges massiv zurückgefahren. 2020 betrugen sie demnach nur 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im Zuge der russischen Invasion in die Ukraine kündigte die Regierung in Stockholm jedoch an, die Ausgaben "so bald wie möglich" auf zwei Prozent anheben zu wollen. In diesem Jahr soll das Ziel demnach sogar überschritten werden. Das schwedische Militär verfügt insgesamt über rund 50.000 Soldaten, von denen etwa die Hälfte Reservisten sind. Die schwedische Luftwaffe verfügt über mehr als 90 selbst entwickelte Gripen-Kampfjets, die schwedische Ostseemarine umfasst mehrere Korvetten und U-Boote.
Als Mitglied der NATO ändert sich das militärische Kalkül des Landes in mehreren wichtigen Aspekten. Schweden sei lange Zeit von der Annahme ausgegangen, sich selbst verteidigen zu müssen, sagte Jan Henningson, Forscher am FOI. Das ändere sich jetzt. Schwedens Armeechef Jonny Lindfors verspricht sich durch die NATO-Mitgliedschaft eine neue militärische Ausgangslage im Falle eines Konflikts. "Es wird eine ziemlich beeindruckende Truppe sein, die hoffentlich die geballte Macht von 32 Ländern von der Türkei im Süden bis hinauf nach Spitzbergen haben wird", sagte er im Dezember der Zeitung "Dagens Nyheter". Dies werde das Risiko eines Konflikts verringern.
(fd/apa)