Werden Daten geschreddert?
Opposition in Aufruhr
(14.10.2021) Der Nationalrat hat sich heute mit vermeintlichen Plänen zur Löschung von E-Mails im Kanzleramt beschäftigen müssen. Aufgebracht hatte die SPÖ das Thema, da sie meint, dass damit die Arbeit des künftigen U-Ausschuss behindert werden soll. Das Kanzleramt replizierte, dass es gar nicht um Löschungen gehe sondern um eine Konsolidierung, mit der die IT aus Sicherheitsgründen im Bundesrechnungszentrum gebündelt wird.
Dringliche der SPÖ
Die SPÖ hatte mit ihrem Fraktionsführer im U-Ausschuss Jan Krainer die Debatte schon am Vormittag hochgezogen und eine "Dringliche Anfrage" eingebracht, die allerdings vom Kanzler angesichts seiner Brüssel-Reise nicht beantwortet werden konnte. Stattdessen trat Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Nachmittag an, die Antworten des Kanzleramts vorzulesen.
Regierung weist Vorwürfe zurück
Die Vermutungen der SPÖ wurden darin samt und sonders zurückgewiesen. Verwiesen wurde darauf, dass auch andere Ministerien, unter anderem auch das Klimaschutzressort, ihre Daten bereits ins Bundesrechnungszentrum exportiert hätten. Auch von Krainer vorgebrachte Verdachtsmomente, wonach kurz vor der Hausdurchsuchung im Kanzleramt Transportunternehmen im Einsatz waren, wurden verneint. Zudem versuchten ÖVP und Grüne den Anwürfen mit einem nur von der Koalition angenommenen Entschließungsantrag den Wind aus den Segeln zu nehmen. In diesem wird die Bundesregierung aufgefordert, jedenfalls sicherzustellen, dass für die Wahrnehmung der parlamentarischen Kontrollrechte, wie insbesondere den zuletzt eingesetzten Untersuchungsausschuss, die notwendigen Akten- und Datenbestände, etwa in Sicherungskopien, aufbewahrt werden.
SPÖ befürchtet den Verlust von Daten vor dem Ausschuss
Krainer hatte davor in einer Pressekonferenz Donnerstagvormittag die "wahrscheinlich größte Datenvernichtung der Zweiten Republik" in Vorbereitung gesehen. Worum es genau geht: Laut einem der SPÖ vorliegenden Schreiben des Generalsekretärs im Kanzleramt Bernd Brünner, soll am 10. November das E-Mail-Postfach der Bediensteten des Ressorts gelöscht werden. Davon ausgenommen wären nur Nachrichten des vergangenen Jahres sowie solche, die von den Mitarbeitern aufbehalten werden wollen.
Da der U-Ausschuss erst einige Tage danach mit der Aktenanforderung beginnen kann, würden so für Krainer wichtige Informationen dem Gremium vorenthalten. Bis dahin könne man in den Ministerien nämlich auf Teufel komm raus löschen, ärgerte er sich im Plenum. Ob das Vorgehen im Kanzleramt legal ist, konnte er nicht sagen, sei er doch kein Jurist: "Politisch geht es jedenfalls nicht." Dies gelte umso mehr, als nach Informationen der SPÖ ähnliche Löschaktionen auch in anderen VP-geführten Ministerien wie Finanz- und Innenressort in Planung seien. Brünner nahm Krainer auch persönlich ins Visier. Dieser sei nicht irgendwer, sondern Teil des Projekts Ballhausplatzes gewesen, mit dem Sebastian Kurz dereinst die Übernahme der Kanzlerschaft vorbereitet habe. Zudem sei er später des Kanzlers Kabinettschef gewesen.
"Schluss mit Shreddern"
In der Debatte am Nachmittag war der SPÖ die von Kogler vorgetragene Rechtfertigung des Kanzleramts, wonach es sich um eine IT-Sicherheitsstrategie und keine Löschung handle, nicht genug. Vize-Klubchef Jörg Leichtfried brachte einen eigenen Entschließungsantrag für "Schluss mit Shreddern" ein und warnte vor der "größten Löschaktion der Zweiten Republik". Christian Hafenecker (FPÖ) traute dem Cybersicherheit-Argument auch nicht, während Helmut Brandstätter (NEOS) von der ÖVP generell das Abstellen der Unanständigkeit forderte. Eva Blimlinger (Grüne) stieß sich vor allem daran, dass im Wissen um die Abwesenheit Schallenbergs Vizekanzler Kogler in die Anfragebeantwortung hineingezogen wurde: "Seid mir nicht böse, aber das ist ja echt kein Benehmen", sagte sie in Richtung SPÖ. Wolfgang Gerstl (ÖVP) stieß sich an der Skandalisierung, obwohl das Kanzleramt seine Sicherheitsstrategie aktiv kundgemacht habe.
Die Beschlüsse
Im weiteren Verlauf der Sitzung einstimmig beschlossen wurde eine Novelle mit dem Ziel, den Personalmangel in elementarpädagogischen Einrichtungen zu bekämpfen. Ein neuer Abschluss an einer Pädagogischen Hochschule in "Elementarpädagogik" mit 60 ECTS-Punkten soll den Quereinstieg in die Elementarpädagogik als Gruppenleitung ermöglichen. Zielgruppe dafür sind laut Gesetz "facheinschlägig vorgebildete Personen". Auch für inklusive Pädagogen soll es an den Pädagogischen Hochschulen einen eigenen Lehrgang im Umfang von 90 ECTS geben.
(fd/apa)