Zweiter Benko-Prozess gestartet

Er und Frau verweigern Aussage

(10.12.2025) Der zweite Prozess gegen Signa-Gründer René Benko hat am Mittwoch am Innsbrucker Landesgericht begonnen. Neben ihm muss sich auch Ehefrau Nathalie verantworten. Sie sollen im Rahmen der Insolvenz Benkos als Einzelunternehmer 370.000 Euro an Bargeld, Schmuck und Uhren in einem Tresor bei Verwandten versteckt haben. Die Staatsanwaltschaft sah den Tatbestand der betrügerischen Krida gegeben, die Verteidiger stritten dies ab. Die beiden Angeklagten verzichteten auf Aussagen.

Er sei "nicht schuldig", erklärte Benko in seiner Einvernahme nach den Plädoyers von Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) knapp, aber betont. Er verweise auf die schriftlich eingebrachte Gegenäußerung seiner Anwälte, die er mit diesen akribisch vorbereitet habe: "Ich erhebe sie hier zu meiner Aussage." Er sehe seine Frau heute das erste Mal nach seiner Inhaftierung im Jänner des heurigen Jahres, sagte der 48-Jährige emotional mitgenommen. Aufgrund des Mediendrucks wolle er nicht mehr aussagen.

Auch Nathalie Benko wollte sich angesichts des "enormen Drucks" bei der Verhandlung nicht weiter äußern und verwies wie ihr Mann auf eine schriftliche Stellungnahme. Die 42-Jährige bekannte sich ebenfalls "nicht schuldig".

WKStA: "Enger zeitlicher Zusammenhang"

Laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bestand ein "enger zeitlicher Zusammenhang" zwischen dem Aufstellen des Tresors im Haus von Onkel und Tante von Nathalie Benko im Tiroler Oberland am 11. März 2024 und dem Insolvenzantrag Benkos nur fünf Tage zuvor. Im Zuge der Erhebungen des Insolvenzverwalters sei indes aufgefallen, dass Uhren, für die es zwar Versicherungsdokumente gab, nicht im Vermögensverzeichnis von René Benko aufgeschienen waren. Ein ehemaliger Security-Mitarbeiter der Familie habe schließlich den Hinweis auf einen möglichen Tresor außerhalb der Villa - die der Oberstaatsanwalt bei seinem Eröffnungsplädoyer angesichts eines Tresorraums als "bestgesicherten Ort Österreichs" bezeichnete - gegeben. Bei einer Hausdurchsuchung seien die Ermittler im Keller, versteckt hinter Kartons, "tatsächlich fündig" geworden.

Als "verblüffend" bezeichnete der öffentliche Ankläger in seinem Eröffnungsplädoyer indes René Benkos Verhalten nach seiner Festnahme, als er zu den anklagegegenständlichen Vermögenswerten befragt worden war. Zuerst habe er sich nicht dazu geäußert, mehrere Wochen später jedoch eine schriftliche Erklärung abgegeben. Demnach habe er vier Uhren seinen sechs- und elfjährigen Söhnen im Jahr 2021 zu Weihnachten geschenkt und sie sich danach noch "gelegentlich ausgeborgt". Bilder des Weihnachtsfestes würden jedoch "alterstypische" Geschenke an die Buben zeigen, eine betreffende Uhr habe Benko am 25. Dezember indes wieder selbst getragen. Weitere Uhren seien für die Versteigerung eines Charity-Events gedacht gewesen. Uhren sowie Manschettenknöpfe sollen einen Wert von 250.000 Euro gehabt haben. Die 120.000 Euro im Tresor habe sich Nathalie Benko - die sich selbst als "Fulltime-Mami" bezeichnet hatte und wie ihr Ehemann die Ausführungen des Staatsanwaltes mit Kopfschütteln quittierte - als Haushaltsgeld zusammengespart. Ob dies "glaubwürdig" sei, müsse nun das Gericht entscheiden.

Wess: "Science-Fiction, Hokuspokus"

Benko-Verteidiger Norbert Wess ging indes in seinem Eröffnungsplädoyer mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hart ins Gericht und beantragte einen Freispruch. Die Vorwürfe seien falsch, in der Anklage gebe es keine objektiv belastende bzw. konkrete Beweisergebnisse. "Ab Seite zehn wird es überhaupt Science-Fiction." Und wiederholt meinte Wess emotional: "Das ist Hokuspokus." "Das ist ein Paradefall, wie man nicht anklagen soll und anklagen darf", gab der Verteidiger zudem zu Protokoll. Die Ermittlungsbehörde hätte eigentlich "ergebnisoffen alle Für und Wider abzuwägen", betonte der Wiener Anwalt. All das sei nicht beachtet worden.

Außerdem werde in der Anklage völlig das Jahr 2021 - als es zu den Geschenken gekommen sein soll - außer Acht gelassen - einem Jahr, in dem sich Benko beruflich und wirtschaftlich "auf dem Zenit befunden" habe. Zu dieser Zeit seien sämtliche Familienmitglieder mit Geschenken bedacht worden, es habe sich sehr wohl um "übliche Geschenke" gehandelt. Zudem hätten Onkel und Tante unter Wahrheitspflicht ausgesagt, dass ihre Nichte nur ihre Wertgegenstände "separieren" und bei ihnen wegen eines anstehenden Umzugs aufbewahren habe wollen. Ihr Mann sei hingegen in keinem Fall involviert gewesen, hätten die beiden ausgesagt. Somit und aufgrund vieler weiterer Tatsachen sei klar ersichtlich, dass es nie einen sogenannten "gemeinsamen Tatplan" gegeben habe.

"Vor Gericht sollte es um Wissen gehen"

Alle im Tresor befindlichen Wertgegenstände und das Bargeld René Benko zuzuordnen, sei einfach objektivierbar falsch. Teils bestehe die Anklage auch aus Aktenwidrigkeiten. In der Anklage gehe es großteils um Glauben, aber nicht um Wissen: "Vor Gericht sollte es aber um Wissen gehen."

So wie Benko etwa einen "Lebensring" an Mutter und Tochter verschenkt habe, habe er auch seinen Töchtern etwas zukommen lassen - als "angreifbare Erinnerung" an den Vater, wie es in der schriftlichen Gegenäußerung hieß, auf die Wess wiederholt verwies und die unter tatkräftiger Mithilfe Benkos entstanden sei. Von 16 hochpreisigen Uhren, von denen sehr wohl etliche an seinen Insolvenzverwalter gegangen seien, habe er zuvor im Jahr 2021 "in einem emotionalem Moment" einige ausgesucht und seinen Söhnen geschenkt. In dem ein oder anderen Fall habe er sich eine Uhr danach auch noch "selbst umgeschnallt". Auch solche Geschenke an einen Sechsjährigen oder einen Elfjährigen seien "in einem Familienverband" doch ganz normal. Man schenke eben quasi auf lange Sicht. Es bedeute doch nicht, dass man die Uhren sofort trage oder zu tragen habe.

Auch bezüglich des Bargeldes handle es sich keinesfalls um eine "Barreserve für den Notfall" oder einen "Notgroschen." Sondern vielmehr um Haushaltsgeld bzw. Erspartes, also um Gelder von Nathalie Benko, die großteils schon vor Jahren zur Seite gelegt worden waren.

Der Verteidiger von Frau Benko, Michael Hohenauer, bezeichnete die WKStA-Anklage indes als "mangelhaft und fehlerhaft". Das "Fundament" der Anklage - ein Gespräch zwischen den Eheleuten Benko, bei dem sie den "Tatplan" geschmiedet haben sollen - habe "niemals stattgefunden": "Es ist frei erfunden". Darüber hinaus habe Nathalie Benko den Tresor angeschafft, um "ihre wertvollsten Gegenstände", nämlich sieben Diamantringe im Wert von 5,5 Mio. Euro, im Zuge eines Umzuges in Sicherheit bringen wollen. Die Ringe waren nicht anklagegegenständlich, befanden sich jedoch unter Verschluss bei der WKStA. Der Tiroler Anwalt kritisierte vehement, dass man ihr diese Ringe sowie weitere konfiszierte persönliche Gegenstände wie eine Festplatte mit Familienfotos nach wie vor nicht zurückgebe, obwohl sie "nachweislich" Nathalie Benko gehören.

Frau Benko sehe ihren Mann heute zum ersten Mal, es sei ihr auch "verboten" worden, miteinander zu telefonieren, sagte Hohenauer: "Jeder Schwerverbrecher telefoniert mit seiner Frau. Die beiden haben drei gemeinsame Kinder, da gibt es viel, was man zu besprechen hätte".

Großer Medienandrang

Wie schon beim ersten Krida-Prozess gegen den gestrauchelten früheren Multimilliardär war auch diesmal der Medienandrang vor und im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Innsbruck äußerst groß. Rund 50 Journalistinnen und Journalisten - auch aus dem Ausland - versammelten sich im Saal, hinzu kamen zahlreiche Fotografen und Kamerateams. Als der in Untersuchungshaft sitzende Benko von Sicherheitsbeamten - erneut ohne Handschellen - in den Gerichtssaal geführt wurde, ging ein minutenlanges Blitzlichtgewitter auf ihn nieder. Der 48-Jährige ist sichtlich gezeichnet. Ehefrau Nathalie kam erst in den Gerichtssaal, als die Fotografen und Kamerateams den Schwurgerichtssaal bereits verlassen mussten.

Urteil möglicherweise bereits heute

Der Schöffenprozess unter dem Vorsitz von Richterin Heide Maria Paul ist heute von 9.00 bis 18.00 Uhr anberaumt. Für den 16. Dezember ist ein zweiter Verhandlungstag angesetzt. Es könnte aber schon heute ein Urteil geben.

(apa/mc)

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