Baby zu Tode geschüttelt

1. Verhandlungstag in Wien

(19.01.2022) (update 14:13) Nicht geständig waren ein 32-jähriger Mann und seine 23-jährige Ex-Partnerin heute Mittwoch vor einem Wiener Schwurgericht, wo sie sich wegen Mordes an ihrer Tochter verantworten mussten. Der Vater soll das am 26. März 2021 zur Welt gekommene Baby wiederholt derart heftig geschüttelt haben, dass es am 12. Juni in einem Spital an den Verletzungsfolgen verstarb. Der Mutter wird Mord durch Unterlassung vorgeworfen - sie soll die Gewalttätigkeiten mitbekommen und hingenommen haben.

Frau hat nichts bemerkt

Die 23-Jährige stellte das in Abrede. "Ich habe nie etwas gesehen, wenn sie geschüttelt wurde", versicherte die Angeklagte. Bei dem Vorfall, dessentwegen das Baby am 4. Juni auf eine Intensivstation kam, sei sie "vom Klo zurückgekommen" und habe ihre Tochter "teilnahmslos" und ohne Bewusstsein vorgefunden. Sie habe sich das nicht erklären können, habe die Rettung gerufen und erst am 8. Juni erfahren, dass ihr Gewalt angetan worden war.

"Ich habe das nicht gesehen", schluchzte die 23-Jährige. Sie denke ständig an ihre verstorbene Tochter: "Ich rede jeden Tag mit ihr. Ich bete mit ihr. Ich sage ihr jeden Tag, wie sehr ich sie liebe."

Vater: "maximal drei Mal geschüttelt"

Der Vater gab in seiner Beschuldigteneinvernahme zu, seine wenige Wochen alte Tochter "maximal drei Mal" geschüttelt zu haben, zuletzt - am 4. Juni - "länger, weil es mir zu viel war". Danach sei das Baby "regungslos" gewesen. Er habe das weinende Kleinkind "zur Ruhe bringen" wollen, es sei ihm darum gegangen, "dass sie nicht so schreit".

Keine Gefährdung vermutet

Dass er mit seinem Tun seine Tochter in Lebensgefahr brachte, sei ihm nicht bewusst gewesen: "Ich habe es nicht gewusst, was es anrichtet. Sie hat nicht geschrien." Nach dem ersten Mal, "wo ich es gemacht habe", habe sie gelacht. Seine Tochter habe "danach nie aus der Nase geblutet oder aus den Ohren oder sich anders verhalten." Er sei davon ausgegangen, dass ihr nach dem Schütteln "vielleicht schwummrig ist, aber nie, dass das an ihre Organe, ihr Hirn oder so etwas geht." Er habe keine bösen Absichten gehabt: "Warum sollte ich so dumm sein?" Er habe sich ja wochenlang "mit Herzblut, trotz Schlafmangel" um das Kind gekümmert. "Ich wollte das meiner Tochter nicht antun", versicherte der Angeklagte.

Martyrium wiederholt sich

"Am 4. Juni hat sich das Martyrium wiederholt", setzte die Anklägerin fort. Diesmal habe das Schütteln des Vaters beim wehrlosen Opfer ein unkontrolliertes Rotieren des Kopfes bewirkt: "Das Kind erbricht, wird bewusstlos. Die Lippen verfärben sich blau." Die Mutter habe den Rettungsdienst angerufen, das Kleinkind sei dann per Hubschrauber "mit massivsten, lebensbedrohlichen Verletzungen" in ein Krankenhaus gekommen. Dort wurden unter anderem Hirnblutungen, Hirnschäden und zwei gebrochene Oberschenkel festgestellt. Nach einem tagelangen Überlebenskampf habe das Baby diesen schließlich verloren, schilderte Wukovits abschließend.

Verteidigerin: kein Mord

Wie später die Obduktion ergab, waren die für ein Schütteltrauma typischen Blutungen im Bereich der Hirnwand aufgetreten. Todesursächlich war der fachärztlichen Expertise zufolge eine Sauerstoffunterversorgung des Hirns. "Es war sicher kein Mord", betonte Christa Scheimpflug, die Verteidigerin des Vaters. Er habe die Kleine beruhigen wollen. Diese sei zwar kein Wunschkind gewesen, "aber in dem Moment, wo das Kind auf der Welt war, hat er für das Kind gesorgt."

Mutter hat zum Glauben gefunden

Timo Gerersdorfer, der Verteidiger der Mutter, bezeichnete diese als "schüchterne, liebenswerte junge Dame", die im Gefängnis - beide Elternteile befinden sich seit Juni in U-Haft - zum Glauben gefunden habe. Er verwies auf eine Intelligenzminderung seiner Mandantin: "Sie gehört zum untersten einen Prozent ihrer Altersklasse". Ihr Freund sei in der Beziehung dominant gewesen, sei "aus ihrer Sicht ein guter Vater" gewesen: "Beide haben sich auf das Kind gefreut." Die Misshandlungen seitens des Vaters habe die 23-Jährige nicht mitbekommen: "Sie hat es zu keinem Zeitpunkt gesehen. Sie ist vier bis fünf Mal in der Woche einkaufen gegangen, war auf der Toilette, im Badezimmer. Sie hat schöne lange Haare, sie hat sich die Haare geföhnt." Der Vater habe "Fehler gemacht, die sind nicht meiner Mandantin zuzurechnen", insistierte Gerersdorfer.

Staatsanwältin bleibt hart

Diese Verantwortung nahm die Staatsanwältin der Kindesmutter nicht ab. "In welcher Ecke dieses kleinen Zimmers hat sie sich verkrochen, dass sie das nicht sieht", fragte sich Wukovits. Und ortete "sehr, sehr schwache Versuche, sich aus der Verantwortung zu ziehen". Sie forderte die Geschworenen auf, Folgendes zu bedenken: "Sieht man, dass ein Kind derart misshandelt wird, hat man einzugreifen. Das sagt einem nicht nur das Gesetz. Das sagt einem die Moral."

Widersprüchliche Aussagen

Die Angaben der angeklagten Mutter in der Verhandlung widersprachen auch fundamental ihren Aussagen vor der Polizei und vor der Haft- und Rechtsschutzrichterin. Dort hatte sie jeweils zu Protokoll gegeben, ihr Partner habe die Tochter "sehr oft" bzw. "ab der vierten Woche" unter den Armen erfasst und geschüttelt, "bis sie zum Weinen aufgehört hat". Sie habe deshalb "mit ihm so oft geredet, wie es ging", habe sich aber "leider nicht getraut, mehr Widerstand zu leisten".

Damit konfrontiert, merkte die Angeklagte an, sie habe sich seinerzeit leider zu diesen unrichtigen Angaben hinreißen lassen. Ihr gegenüber sei ihr Freund nie gewalttätig gewesen. Die Verhandlung ist auf zwei Tage anberaumt. Die Urteile sollen am 24. Jänner fallen - am kommenden Montag soll noch ein psychiatrischer Sachverständiger gehört werden.

(mc/fd)

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